Zur Vorgeschichte:
Wir hatten uns im Vorstand des Fanclubs darauf geeinigt, dass zunächst Leute dran sind, die bisher noch nicht auswärts waren. Entsprechend war ich auf Platz 12. Also keiner Grund für Aktionen Richtung Anreise oder gar Nervosität. Irgendwie hatte ich allerdings schon richtig Bock. Also behielt ich alles irgendwie „im Auge“.
Dann kam der eine Mittwoch und die Leute vor mir verschwanden wie die Fliegen (keinen Urlaub, kein Geld, keine Geduld – also lieber andere Quellen gesucht). Und plötzlich war ich auf Rang vier – und nervös.
Am Donnerstag kam die Zusage für die Tickets, am Freitag um 20:11 Uhr die Bestätigung für unsere Plätze im Fanflieger. Der Buchungscode lautete „MAD 023“. Passend – es war ja schon etwas verrückt…
10 Tage später ging‘s los: 3:55 Uhr am 30.4. ging der Wecker. Um 4:45 Uhr geht der Zug zum Flughafen DDorf. Zu unser kleinen Reisegruppe gesellen sich noch zwei weitere Bekannte.
„Wenn aus Herrn Weber…“ ein Mann ohne Gel in den Haaren wird. So kann’s ja nicht gehen. Aber er ist vorbereitet. Er hat es mit, um sich später entsprechend zu stylen.
Wir fliegen mit einem Charterflieger von Hamburg Airways, die auch genau zwei Flugzeuge besitzen. Der Service ist gut. mehrere Getränke (ohne Alk), Brötchen und später noch einen Riegel. Nach einem etwas holprigen Flug in einem sehr engen Flugzeug kommen wir leicht verspätet in Madrid an.
In der Stadt (wir starten an dem offensichtlichen „Haupttreffpunkt“ („Sol“ – also Sonne)) herrschen schon schwarz-gelbe Farben. Wir gehen ein paar Meter und es gibt eine Bar, die den halben Liter frisch Gezapftes für einen (!) Euro anbietet. Warum es hier nicht von Borussen wimmelt, ist uns unklar. Scheinbar gibt es aber in der Hauptstadt weniger Penner als bei uns. Trotz Wirtschaftskrise. In Dortmund würde der Laden platzen. An jedem Tag!
Dort lernen wir ein englisches Pärchen kennen, das morgens eine Stadionführung gemacht hatte und da ganz regulär (also auch zu regulären Preisen) noch Eintrittskarten kaufen konnte - hier unvorstellbar!
Keine Ahnung, wie die Meteorologen ihre Vorhersagen machen. Knochen werfen? Oder ob die richtig dicht waren. So eine daneben liegende Vorhersage hab ich noch nicht erlebt. Es ist niemals kalt und Regen gibt es nur einen Schauer, keine halbe Stunde. Die meisten Fans sind zu dick angezogen. Man riecht’s auch hier und da.
Nach dem dritten Glas (wir sind über acht Stunden auf und haben jeder nur zwei Brötchen gegessen) fängt die Lampe an zu brennen und wir beschließen über den Plaza Mayor zum Palast zu laufen (keine 500 m). Unsere einzige „internationale Auswärtsfrau“ in dieser Saison hat nicht ihren Tag: Zunächst verliert sie ihre Kamera, später auch noch das Ticket zwischen diversen Kontrollen am und im Stadion. Aufregung aber erstaunlicherweise kein Problem.
Das Wetter wird immer besser. Sonne. Eis. Lecker. Wir kommen an unserer Bar vorbei, um Herrn Weber einzusammeln, da er nicht mit war.
Wir gehen zurück zum Platz „Sol“. Ich hole ein paar Büchsen Bier am Kiosk. 1 € (da hätten wir doch lieber das gezapfte genommen). Aber da geht die Post ab. Einstimmungsgesänge. Es hat sich eine Art Kreis gebildet. Da drin stehen abwechselnd ein Vogel, der sich zum Anpeitscher hinauf schwingt und eine Latino-Penner-Oma, die bettelt.
Jeder von uns trifft irgendwen, nur ich nicht. Halte die ganze Zeit Ausschau nach meinen Donezk-Bekanntschaften, aber entdecke leider niemanden.
Wir fahren zum Stadion. Das Ding ist wie ein Vulkan innen. Nur ist unten statt Lava Rasen. Ach ja, brodeln tut es da nicht. Wir sind fast auf der Spitze und bis auf den Kraterboden bräuchte man ein Opernglas.
Das sind schon Jammerlappen diese Spanier: Auch hier gibt’s im Stadion von oben ne Heizung. In der Ukraine lass ich das ja vielleicht noch durchgehen, aber hier… Sehr cool allerdings dass es hier überall kostenloses W-LAN im Stadiongibt – und es geht! Davon kann man bei uns nur träumen…
Wir werden x-mal kontrolliert. Herr Webers Gel schafft's nicht durch die Kontrollen. Ich muss mein Plastikflaschendeckel abgeben.
Eine super Stimmung aller Borussen, fast ein Lied folgt dem nächsten. Kaum Pausen. Die Madrilenen pfeifen ab und zu, wenn unser Tormann den Ball hat.
1:0. Leichtes klatschen. Das war’s.
2:0. Doch, die leben ja tatsächlich. Wenn es so weiter geht, ich nicht mehr lange. Wir stehen kurz vor dem Herzkollaps. Durch das viele Stahlbeton scheint es eine Art Raum-Zeit-Verzerrung zu geben. Am TV habt ihr gedacht, es geht noch 2 Minuten. Tatsächlich waren es einige Stunden. Die Zeit war gedehnt. Es nahm kein Ende. Es gab kein Bier, um die Nerven zu beruhigen.
Dann ist Ende.
Ich weiß nicht mehr, wie lange wir vier uns in den Armen halten. Zeitdehnung.
Unsere Jungs kommen später immer wieder raus auf den Rasen. Die Blocksperre vergeht wie im Flug. Umgekehrte Zeitdehnung. Am Ende kommt nochmal Kloppo. Einfach nur geil! Das macht Spaß.
Vor dem Stadion brauchen wir dringend Pils. Ein Verbrecher verkauft uns ein paar Büchsen für Stück 4 €.
Dann geht’s zum Flughafen. Zwischen 0 und 6 Uhr scheint es genau einen Flieger zu geben. Also alles schön leer. Glücklicherweise hat der Flughafenimbiss 24 Stunden geöffnet. Es reicht noch für ein letztes Pils bis zum Einchecken.
Vor dem Gate erweist sich der Fußboden zwar als kalt aber doch recht bequem. Selten so gut geschlafen, bis mich Herr Weber aufgeregt darüber informiert, dass es gleich in die Sardinenbüchse zurück geht.
Nach meinem 250. Flug komme ich – wie nach Donezk – 28 Stunden später in unsere schöne Heimat. Kaputt, aber glücklich. Finale!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen