wie es kam...

Tja, irgendwie verlaufen meine Reisen immer katastrophal, was mir den Spitznamen "Dr. Katastrophe" einbrachte. Leider sind nicht mehr alle Reiseberichte vorhanden. In manchen Fällen nur noch ein "Beschwerdebrief"...

kreative (!) Anregungen sind willkommen!

Euer
Dr. K.

Montag, 3. Juni 2013

Belgrad

Osam Pivo

Das ursprüngliche Ziel Sofia wurde wegen fehlender oder unbrauchbaren Flugverbindungen gekippt und so buchten wir im März die serbische Hauptstadt. Wir wollten doch etwas mehr Abenteuer, angefangen beim Geldtauschen.
Zu unserer 5er Truppe aus Helsinki gesellten sich nach dem Ausfall des Lekars (serb. für Arzt) noch der V-Mann, Faxe, die Nuschel und Chorche. So dass wir ein gemütliches 8-Mann Zimmer für uns buchten.
Hin von Dortmund, zurück nach Düsseldorf, damit wir statt um 6 um 8 fliegen konnten und 2 Stunden länger hätten schlafen können. So viel zur Theorie.
Bei der Buchung war bei Fart statt dem Vornamen nur zweimal der Nachname auf dem Ticket gelandet. Kollateralschaden: 70 Piepen. Immerhin ging’s sonst soweit gut bis zur Ankunft. Auf dem Weg vom Flughafen zur Unterkunft fing es an, zu nieseln, dann zu regnen, dann zu schütten und schließlich zu hageln. Auf dem Markt gegenüber des Busbahnhofs versuchten die Leute das Wasser und die Eishaufen mit Schüppen zu entsorgen.

Da es grade Mittagszeit war, musste man also ein nahegelegenes Restaurant suchen. Klar , dass es nur was gab, was definitiv kein Tourist finden würde. Sofort wurden für uns Tische zusammengestellt und der Kellner nahm zunächst unsere Getränkebestellung auf. Im Flugzeug hatten wir uns ausführlich mit der serbischen Sprache auseinander gesetzt und hatten annähernd fließend alles zum Überleben gelernt. Entsprechend lautete unsere Antwort: Osam Pivo (acht Bier, gesprochen oßam piwo). Vorab gab’s dann brennende Peperoni und Salat (Gurken, Zwiebeln und richtig leckere Tomaten). Das Hauptgericht (mehr oder weniger auch alle gleich) bestand aus einem Pljeskavica (einer Art Riesenfrikadelle). Beilagen? Vollkommen überbewertet! Anschließend den obligatorischen Sliwowitz und zum Nachtisch frische Erdbeeren.
Jetzt aber genug der Vitamine und auf zum Hostel. Das war topp. Das Bad neben uns war nicht nur sauber sondern auch relativ neu und schön. Direkt vor der Türe die Fressmeile. Aber zunächst mal zur Hauptfußgängerzone bis zur Festung. Diese liegt auf einer kleinen Anhöhe beim Zusammenfluss von Donau und Save. Mittlerweile scheint die Sonne und es angenehm warm.
Die jüngeren Mädels tragen gern zerrissene Jeans, Joggingbuxen sind bei beiderlei Geschlechtern sehr beliebt. Die Frauen tragen nicht so viel Glitzer wie weiter Richtung Osten. Allerdings sind viele doch eher aufgetakelt und bei manchen Schein-Schönheiten sieht man erst aus der Nähe, dass sie Baubranche kräftig unterstützen, indem sie viel Spachtelmasse abnehmen. Viele haben unreine Haut, möglicherweise der Luftverschmutzung geschuldet.
Zurück zum Zimmer, und dann direkt vor die Tür. Osam Pivo und lecker Essen. Die Portionen sind hier immer riesig. Es gibt einen An-Den-Tisch-Kommen-Und-Musik-Machen „Band“. Als sie bei uns sind, frag ich nach „Katjuscha“, dass der Sänger natürlich kennt. Wir singen die erste Strophe gemeinsam. Ich sing es nochmal für ihn auf Deutsch. Die wollen scheinbar länger bei uns bleiben. Am nächsten Abend bekomme ich ein Verbot, weitere Musiker anzusprechen.

Freitag ist es heiß! Chorche hat als einziger kurze Hose und Sandalen. Wie ich ihn beneide. Wir laufen zu einer der größten orthodoxen Kirchen der Welt (sozusagen die serbische Antwort auf die Sagrada Familia – seit Jahrzehnten in Bau).
Dann geht’s endlich zum Wasser. Als wir einen Polizisten nach Bootstrips fragen, werden wir erst mal angeschissen und ziehen kleinlaut weiter. Als die Hoffnung (und der Pier) schon fast vorbei ist, finden wir einen Kahn, den wir kurzer Hand komplett für 75 Minuten mieten. Pivo soll‘s auch geben, aber nur noch 5 Patronen. Das ist blau-weiß und schmeckt nicht. Aber der Kapitänssohn (mit deutschem Pass aber ohne deutschen Wortschatz) springt später noch mal von Bord, um eine Palette Jelen zu holen (das trinken wir fast immer, ist auch schwarz-gelb). Nun wird Osam Pivo auch vertont.
Später am Abend will jemand kein Pivo mehr. Da wir das Wort für 7 oder gar 6 nicht kennen, ist die Bestellung klar: Osam Pivo!
In der Stadt legt ein DJ auf. Angeblich beschwert sich keiner vor 1:00 Uhr morgens. Sauber! Unvorstellbar hier.

Ein bisschen Sozialismus ist auch noch geblieben: Wir holen osam pivo im Supermarkt in Flaschen. Aufgeregt erklärt die Verkäuferin, dass auf Glaspullen Pfand sei und wir das zahlen müssen. Egal bei den paar Cent. Wir sollten die Quittung aufheben, um das Pfand zurückzubekommen. Da der Laden bei uns um die Ecke ist, probieren wir das natürlich aus. Wir bringen aber nur 6 Pullen zurück. Das ginge aber nicht, auf der Quittung stünden ja 8, erklärt die Verkäuferin - Ordnung muss schließlich sein!
Am nächsten Tag regnet es natürlich wieder. Und zunächst entsteht kurzzeitig Ärger über die Pfeifen der serbischen Fluggesellschaft, die unseren Flug von 8:05 Uhr auf 4:50 Uhr vorgezogen haben. Na das hat sich ja richtig für uns gelohnt, nach Düsseldorf zu fliegen…
Nach dem Frühstück scheint wieder die Sonne und es steht Kultur auf dem Programm: Es folgt eine 2½-Stündige Katakombentour, wo es dann auf den letzten paar Metern auf glitschigen Stufen auch noch ein paar blaue Flecke gibt. Und anschließend Weinprobe. Wobei der Geschmack doch eins klar macht: bei nächsten Mal muss es wieder heißen: Osam Pivo!
Wir fahren noch in die „Neustadt“, wo es einen Hügel gibt, auf den man eine wunderbare Sicht über Belgrad und die erstaunlich grüne Umgebung hat. Wie alle Stopps, die wir machen, ist es auch hier wieder sehr entspannt. Kurzzeitig hatten einige von uns überlegt, stattdessen z.B. shoppen zu gehen, aber irgendwie wollte keiner die Gruppe verlassen. Abends gehen wir nochmal richtig lecker essen. Wir haben zwei 4er Tische und bestellen auf Empfehlung des Kellners pro Tisch eine Platte für zwei Personen (ich frage mich, wie diese zwei Personen aussehen soll, die das hätten schaffen können). Ich sitze zusammen mit Fart, dem V-Mann und der Nuschel am Tisch. Die anderen schaffen nicht alles. Insbesondere deren Pljeskavica wird uns überantwortet. Bei der Berührung unserer (leeren) Platte schnellen gleichzeitig vier Gabeln und vier Messer vor und teilen das gute Stück. Es erinnert etwa an die Raubtierfütterung im Zoo, wobei der Pfleger wohl ein paar Wochen Urlaub hatte.
Wir ziehen nochmal ein Resümee und alle sind zufrieden und freuen sich schon auf den nächsten Trip.

Als wir am nächsten Morgen ziemlich übermüdet in Düsseldorf ankommen, hat Fart ein Rad ab (bzw. sein Koffer). Das führt dazu, dass unsere Gruppe zum ersten Male unfreiwillig getrennt wird.

Fazit: Eine nette Stadt, allerdings nichts Besonderes. Das Stadtbild ist eine Mischung aus KuK-Jugendstil und sozialistischen Funktionsbauten. Ich hoffe, dass die im Zerfall begriffenen Häuser noch gerettet werden können. In der Innenstadt ist es sehr gepflegt. Insbesondere an den Stadträndern sind die Leute offenbar etwas ärmer.
Die Leute sind durchweg freundlich und viele können deutsch.
Das Essen(gehen) ist gut, günstig und viel. Bis zu unserer Abreise hatten wir vermutlich drei Schweine und zwei Rinder gegessen. Und ein paar Tomaten, Zwiebeln und Gurken.

Ein sehr entspannter Trip, der Bock auf das nächste Mal macht!

Schiwili!