wie es kam...

Tja, irgendwie verlaufen meine Reisen immer katastrophal, was mir den Spitznamen "Dr. Katastrophe" einbrachte. Leider sind nicht mehr alle Reiseberichte vorhanden. In manchen Fällen nur noch ein "Beschwerdebrief"...

kreative (!) Anregungen sind willkommen!

Euer
Dr. K.

Mittwoch, 18. Dezember 2013

Marseille

Vorgeschichte:
Ein internationales Spiel gemeinsam sollte sein, also wurde nach der Auslosung wie wild telefoniert, gesmst und gemailt. Die Wahl fiel auf Marseille und der Flug sollte von Düsseldorf über Lyon dorthin gehen. Ein Fan stieß später dazu und buchte wohl kurz vor dem Zu-Bett-Gehen. Das Ergebnis war nur ein Flug bis Lyon. Auch hier sag ich wie neulich zu meiner Frau (Zypern): „Irgendwann muss eine Freundschaft mit Doc. K. auch mal abfärben… Letztendlich wurde der Flug ohnehin gestrichen und wir wurden kostenlos auf Air France umgebucht.
Morgens um viertel nach acht gab’s am Flughafen dann das erste Pils. So was hatte ich erwartet, wenn man mit den Sauerländern unterwegs ist…

Der Trip:
Wir erreichen Südfrankreich (ich breche hier schon meinen Flugrekord pro Jahr ein, lande am Ende bei 24) bei 20 Grad und strahlend blauem Himmel. Nach dem Einchecken im Hotel wartet die erste Schwierigkeit auf uns: Wir wollen ein Bier trinken – einige auch essen. Wir laufen Richtung Hafen und Innenstadt, vorbei an unzähligen Bauzäunen, Baustellen, Bürogebäuden (zur Info: die Innenstadt ist ca. 30 bis 40 Minuten zu Fuß entfernt). Nach endlosem Suchen bemerkt jemand: „Hoffentlich ist überhaupt noch was offen.“ Ich sage: „Es ist erst halb acht.“ Passanten: Fehlanzeige. Endlich finden wir eine Eckkneipe. Draußen prangt ein Rauchverbotsschild. Der Keller bringt uns Essen und Trinken mit einer dicken Zigarre im Mund. Außer uns gibt noch vier weitere Gäste. Mit zweien freunden wir uns an: Jeton mit dem Rosa-braunen Pullover über dem rosanen Polohemd und seinem fetten Freund, Belmondos Namensvetter. Nach einigen halben verlassen wir die Kneipe nur mit Jeton. Er will uns noch einen guten Laden zeigen. Er hat allerdings Probleme grade zu laufen und so haben wir in der tristen Stadt geringe Hoffnungen. Nach einem langen Weg erreichen wir endlich einen irischen Pub, der komplett in schwarz-gelber Hand ist. Belmondo ist auch da. Wo kommt der jetzt plötzlich her? Nachdem wir wenigstens etwas gefeiert haben, starten drei von uns zu Fuß, weil es angeblich keine Taxen gibt. Auf etwa einem Drittel des Wegen ruft mich einer der beiden Sauerländer an, die es noch ca. 15 Minuten länger aushielten als wir. Sie hatten doch ein Taxi erobert. „Wie heißt nochmal unsere Straße?“ Ich sage es und lege auf. Telefon: „Wie heißt nochmal unsere Straße?“ Immerhin sind sie vor uns da.
Am nächsten Tag bei schönstem Wetter ist zunächst Frühstück auf dem Plan. Es gibt in der Parallelstraße einiges, so hieß es. Das stimmt: Döner. Döner. Pizza. Döner. Pizza. Pizza. Wir entscheiden uns für Pizza. Anschließend wollen wir wenigstens etwas Sightseeing machen. Auf dem Weg rät uns zunächst ein Franzose vom Weitergehen ab. Es gibt hier wohl ne Menge heißer Pflaster. Nach dem Mittag versacken die Sauerländer, doch wir drei anderen schaffen es noch in die „Altstadt“ und auf das Fort.
Vor Einbruch der Dunkelheit sind wir wieder am Irish Pub. Da hat einer von unseren Jungs schon arg Schlagseite. Ich befürchte später, ihm könne der Einlass verwehrt bleiben. Ich begrüße ja, dass Superbreite draußen bleiben müssen. So auch der Trottel mit der grünen Wollmütze, den wir auch in Mainz gesehen haben.
Das Spiel ist schnell erzählt. Der hochverdiente Sieg, mit dem keiner mehr gerechnet hatte, hat zur Konsequenz, dass eine Umarmung mich fast zu Boden reißt und ich mir das äußere Knie prelle. Die Schmerzen sind übel und meine Lust auf Feiern hält sich in Grenzen. Die Schmerzen werden im Laufe des Abends immer schlimmer.
Wir stehen direkt (!) an der Rolltreppe zur U-Bahn. Und werden leider mit 2:5 überstimmt ein Taxi zu nehmen. „Wenn die Bahnen jetzt nur noch alle 30 Minuten fahren, müssen wir nachher 29 Minuten warten.“ Sag einer. Eine Quelle oder gar Beweis für seine Befürchtung gibt es nicht. Wieder zeigt sich, dass es schwer ist ein Taxi zu bekommen. Wir warten 32 Minuten. Na das hatte sich also gelohnt.
Am nächsten Morgen sind wir alle kaputt und ich ein Humpler. Wir verbringen das Frühstück bei unserer Stammpizzeria und Kaffee gibt’s beim goldenen M am Hauptbahnhof. Neben uns sitzen vier Mädchen - wenn die 20 waren, waren die alt – und lassen das Tütchen kreisen (zur Erinnerung: es ist vormittags mitten in der Woche). Später kommt noch eine Jungengruppe. Einer baut gemütlich auf dem Mülleimer und erhält dafür einen Anpfiff vom McD Angestellten. Der junge Mann mit offenbar nordafrikanischen Einschlag ruft uns entgegen „Marseille Scheiße, super Deutschland“ und Grüßt für den Herrn Hinkel, was bei uns nur Kopfschütteln auslöst. Später kommen Uniformierte um die Szene zu bereinigen, was aber nur teilweise klappt.

Fazit:
Die Stadt ist absolut langweilig. Die „Altstadt“ hat ihren Namen nicht verdient. Und warum das Kulturhauptstadt geworden ist? Bei der Wahl waren wohl ein Tütchen von McD zu viel im Spiel… Innerstädtisches Grün? Fehlanzeige!
Kontakt mit den Einheimischen (vor allem Fans) gab es kaum. Bis ich der ersten OM-Fan traf, sahen wir 3 Milan und 6 Chelsea Fans.
Die Gruppe war gut drauf und vor allem meine persönliche Krankenschwester – die einzige Frau unserer Gruppe - erwies sich als meine Retterin. Das war mal wieder ein klassischer Dok. K. Und als der Arzt die Diagnose gibt, dass es „nur“ eine Prellung ist, bin ich froh, dass nix kaputt gegangen ist.

Saarbrücken

In der ersten Runde des DFB-Pokal wurde Wilhelmshaven gelost. Da habe ich gesagt: „Was wollt ihr da? Wenn’s Saarbrücken wäre, wär ich dabei!“ Und dann war’s Saarbrücken in der dritten Runde - also musste ich hin. Im Vorfeld gab es einiges Chaos, wer mit wem wann wo losfährt. Ich fuhr mit einem Konzern-Kollegen, den ich aus Donezk kannte, und der Rest des Fanclubs irgendwie anderes. Meine Gruppe war ausgezeichnet vorbereitet, so dass wir einen kostenlosen Parkplatz neben einer Pizzeria fußläufig vom Stadion hatten. Dort waren bereits die ersten freundlichen blau-schwarzen – also die deutsche Antwort auf Inter Mailand sozusagen. Einer fragte: „Ihr seid extra aus Dortmund hergekommen?“ Das konnte man sich hier nicht vorstellen.
Das Stadion war eine kleine Zeitreise: Mit der einzigen Anzeigetafel schräg im Rücken sahen wir das Spiel. Davor steht unser Fanclub Längster und wir winken uns, während wir telefonieren. Hinter uns immer wieder nostalgische mit dem 64er programmierte animierte Grafiken. Leider hatte das alte Stadion auch noch eine Laufbahn, so dass wir unseren 0:2 Siegtreffer kaum erkennen konnten. Der Mann an der Anzeigentafel offenbar auch nicht, denn zunächst wurde ein anderer Schütze eingeblendet.
Gästefans sieht dieses Stadion offensichtlich nicht oft. Unter uns rankt das Moos und hier und da wächst auch Gras auf den mehrheitlich für Steher gemachten Tribünen. Wir stehen unter freiem Himmel und sind froh, dass es trocken bleibt. Die Heimfans auch: Bei Beginn wird ein kleines Feuerwerk abgeschossen. Sehr kreativ. Die Kreativität bleibt auch während des Spiel: Alle 5 bis 10 Minuten werden Pyros gezündet. Bis zum Ende. Die regelmäßig darauf folgenden Durchsagen und Warnungen interessieren scheinbar keinen.
Ganz niedlich finden wir auch die Bekanntgabe von zwei (!) Handynummern auf der Anzeigetafel von Ansprechpartnern für Busse für das nächste Auswärtsspiel.
So macht Fußball schauen Spaß! Keine Werbung, die alle drei Sekunden blinkt und das Stadion hat sogar noch einen echten Namen. Schön, dass der gierige Kommerz noch nicht jeden Winkel erreicht hat!

Mainz

eine Co.-Farce…

Am Freitagabend erreichen wir Wiesbaden, wo unsere Freunde wohnen. Es regnet die ganze Zeit ohne Unterlass. Am nächsten Tag ist es glücklicherweise deutlich besser. Wir fahren mit dem Bus zum Hauptbahnhof in Mainz, von wo aus Shuttlebusse starten. Da wir auf Fälle mit unseren Freunden (also zu viert) zum Fußball wollten, verzichteten wir im letzten Jahr, weil wir nicht genügend Karten bekamen. Nach den Berichten aus der Vorsaison hatte ich auch eine ungefähre Vorstellung. Und siehe da: Am Stadtrand tauchte plötzlich ein riesiger Baumarkt auf. Die Shuttles halten aber nicht etwa davor, sondern 500 m weit weg (warum?). Wir danken nochmals Petrus und machen uns auf den Weg. Meine Frau freute sich schon auf Kötbuller, als wir auf die erste Kniffeligkeit stoßen: Der Eingang für die Gästefans ist nicht auffindbar. Doch dann sehen wir im Acker 2 Tore. Von dort müssen wir durch einen Tunnel zurück ins Stadion. Allerdings mussten wir erst mal reinkommen. Die Frauen haben einen extra Eingang und warteten bereits auf uns, während wir die Verbote studieren: Weinpulle und –glas sowie Sektglas haben wir eh nicht dabei. Das Bier schien erlaubt. Leider hatten wir keins, da auf dem ganzen Weg bis zum Baumarkt kein einziger Stand oder ähnliches war… Ein Problem deutete sich ab: Klorollen, Leitern und Koffern waren ebenfalls verboten – was daheim zu meiner Standardstadionausrüstung gehört. Wenigstens hatte ich mein Nunchaku daheim gelassen…

Im Stadion entsteht unter den Leuten um mich herum schnell eine Diskussion, welcher Spieler welche Rolle habe. Die Spieler scheinen scheinbar die gleiche Frage zu haben. Das (d.h. unser) Spiel ist entsprechend schlecht. Trotzdem gewinnen wir.
Traurig ist die Hardcore Werbung: Ich stelle mir vor, dass ich daheim von Nobby mit folgenden Worten begrüßt werde: "Wie ist die Stimmung auf der Landesbank Nordrhein-Westfalen Tribüne?" Da dreht sich mir alles um, aber ich frage mich auch, wenn es soweit sein wird...
Wir gehen in die Baumarktkneipe (das muss man denen lassen, das haben die uns Voraus: eine Kneipe direkt im Stadion (eigentlich haben wir auch eine, eigentlich sogar zwei, aber da hausen nur Spinnen – was für eine Verschwendung!)) und zu allem Überfluss kommt auch noch der Manager vorbei. Wir trinken mit den Mainzer Fans unserer Freunde ein paar Pils. Der Eine ist eigentlich Stuttgart Fan, der andere eigentlich KSC, aber das gestehen wir denen mal zu, ist ja noch ein recht junger Verein (was den erfolgreichen Fußball angeht - erkennbar am Baumarkt statt am "richtigen" Stadion).
Später in der Stadt geht es weiter in einem Laden wie unserem Stade nur mit weniger Asseln. Überall bekommen wir (trotz des unverdienten Sieges!) Sympathiebekundungen. Ich bin später sogar froh, dass unseren Verein jemand doof findet. Mit so viel heiler Welt wäre ich nicht klargekommen. Aber es ist schon sehr angenehm, nach dem Spiel zu feiern, ohne angepöbelt zu werden. Der Trip ist nächste Saison wieder gebucht!