wie es kam...

Tja, irgendwie verlaufen meine Reisen immer katastrophal, was mir den Spitznamen "Dr. Katastrophe" einbrachte. Leider sind nicht mehr alle Reiseberichte vorhanden. In manchen Fällen nur noch ein "Beschwerdebrief"...

kreative (!) Anregungen sind willkommen!

Euer
Dr. K.

Mittwoch, 18. November 2015

Brasilien

Ein Urlaub der Rekorde


Vorgeschichte und Anreise
2014 Fußball-WM in Brasilien, 2016 Olympische Spiele in Rio, da bot sich 2015 ja optimal für eine Reise an: Die Preise sollten günstiger sein, und das Land in einem „gepflegten“ Zustand. Da wir eine Rundreise machen wollten, klappte es auch nicht mit einem Direktflug und nach einigem Rumbasteln mit dem Reisebüro unseres Vertrauens Stand dann der Trip.
Natürlich waren wir vor dem Urlaub wie immer krank und mussten dabei auch ein paar Impfungen über uns ergehen lassen. Bis auf gegen Pest haben wir jetzt wohl alles. Diesmal wurden wir allerdings grade noch rechtzeitig wieder gesund.
Bis wir in unserem Langstreckenflieger von Paris nach Rio saßen, nahmen wir die U-Bahn, noch eine U-Bahn, den Regionalexpress, die H-Bahn (normal bis hier her), den Zubringerflug (bei diesem hatte es nur an einem Aufguss zu einem ordentlichen Saunagang gefehlt), den Flughafenbus und dann noch den Flughafenzug. Dafür mussten wir allerdings erneut durch die Sicherheitskontrollen – also Getränke abgeben. Diese Sinnlosigkeit begleitete uns noch des Öfteren. Für den Notfall füllte ich uns in eine leere Flasche hinter der Kontrolle einen (!) Liter Kranwasser ab. Im langen Flug meinte es der Kapitän gut: Damit wir uns schon mal an die arktische Kälte an unserem Ziel gewöhnen konnten, wurde die Temperatur so im angepasst, dass mir die Rotze an der Nase gefror – und das nach dem schönen Saunaflug. In Rio war es hässlich grau und wir waren daher dankbar, den dritten Flieger besteigen zu dürfen. Den Liter Wasser durfte ich nach einem Schluck daraus behalten.

3 Tage – 3 Länder
Und so kam ich nach 13 Jahren wieder in Iguacu an, den größten Wasserfällen der Welt, die auch nach all der Zeit nichts an ihrer Faszination verloren hatten. Das tropische Klima und Schmetterlinge waren wie damals. Damals trank ich kein Bier. Brasilianer sind Biertrinker. Wir bestellten also unser erstes Essen (Buffet) und Bier dazu. Das kommt auch in guten Restaurants fast immer aus der Dose, in seltenen Fällen aus der Pulle. Dazu gibt es Weingläser. Wir lernten gleiche eine Spezialität kennen: Farofa (Paniermehl mit Speck). Am nächsten Tag konnte ich eine 13 Jahre alte Rechnung begleichen: Wir fuhren auf die argentinische Seite der Wasserfälle. Damals hatte ich nur eine Passkopie dabei, die nicht ausreichte, um einzureisen. Die Seite ist anders, doch ebenfalls faszinierend. Am dritten Tag fahren wir nach Paraguay. Ich hatte das als riesigen Markt in Erinnerung und wollte diesen meiner Frau zeigen. Dort gibt es aber so gut wie nichts Einheimisches zu kaufen sondern nur „Markensachen“. Meine Frau beschrieb diesen Ort passend mit: „Ich habe noch nie so viel Schrott auf einen Haufen gesehen.“ Wir gehen in einen Laden und kaufen einen „Gebrauchsgegenstand“ (Wert ca. 5 €), ich versuche alles mit meiner Kreditkarte zu zahlen. Dafür braucht man meine Passnummer. Ich habe nur die Kopie dabei (es ist eine Art Freihandelszone und man kann ohne Pass einreisen). Bevor wir den jedoch kaufen, wollen wir noch etwas im Laden rumlaufen. Das scheint ein schwieriges Unterfangen zu sein. Wir haben immerhin schon einen Artikel gefunden. Dann gehen wir noch in den (neudeutsch) „Food-Court“, zum Essen ein Pils. Dort gibt es Literpullen, aber wir entscheiden uns doch für eine „normale“ Dose.

Dschungel
Weiter ging‘s über Brasilia nach Manaus. Die Millionenstadt hat man in weniger als einer Stunde gesehen. Aber es gab grade einen Markt. Das heißt für meine Frau natürlich Powershopping. Auf dem Markt suche ich den wenigen Schatten. Ich habe nur morgens einmal LSF 15 aufgetragen. Die ca. 45 cm hohen Bordsteine sorgen auch dafür, das nur völlig fitte unterwegs sind.
Es gab auch wirklich schöne Sachen. Ich probiere in einem Schuhladen auch ein paar Paare an. Aber wegen meiner Füße finde ich nur ein Paar, was halbwegs passt. Da es halbwegs ist und die beiden Jungs, die mich bedienten wenigstens noch was umsetzten wollten, lassen sie mir einfach ein Drittel nach. So kauft man gern ein.
Dann werden wir für unseren Dschungelaufenthalt abgeholt. Laut Unterlagen sollten wir um 13:30 im Hotel abgeholt werden. Als wir um 13:10 ins Hotel kamen, war ein Mann bereits da und aufgeregt, weil wir nicht da waren. Im Hotel waren wir unbekannt – schließlich hatten wir vor zwei Stunden ja auch ausgecheckt. Es gab dann keinerlei Infos. Später am Hafen war auch zunächst kein Schiff da. Das Problem dabei war: Wir saßen später nach dem „Bootswechsel“ zwei Stunden ohne Sonnenschutz (das erste hatte noch eine Art Dach) auf einem Boot, unsere Mützen ebenso wie die Sonnencreme waren im Koffer, der wurde auf das andere Boot geladen, welches schneller abfuhr als wir reagieren konnten. Die Temperaturen hier sind immer 34 – 36 Grad (diese werden im Schatten gemessen – das Problem war nur, es gab hier nirgends Schatten). Und ich hatte nur morgens einmal 15 genommen. Kannst du dir vorstellen, wie meine Haut danach aussah? Nein! Nämlich immer noch wie hier. Nach all den Jahren im Freibad hatte sich scheinbar bei mir eine Art Leguanhaut gebildet. Meine Hautfarbe hatte sich auch nach einer Woche kaum verändert. Wieder mal ein Beweis dafür, dass man seiner Haut auch mal Sonne gönnen sollte. Während ich sinniere brauchte sich etwas zusammen. Dann regnete es sehr heftig. Das war der erste Regen meines Lebens, der mir richtig Spaß machte. Allerdings war im Boot keine Plane o.ä. um Koffer oder Tasche abzudecken. Mein Reiseführer wurde so nass, dass er zunächst zu einem Stück wurde und anschließend aufquoll. Auf dem Weg dorthin lernen wir ein nettes Paar aus Franken kennen. Der ältere Mann hat ein paar interessante Anekdoten auf Lager. Zu unserer kleinen Gruppe gesellt sich noch ein sehr junges Paar aus dem Rheinland, wobei die beiden so viel Energie hatten, dass sie es doch tatsächlich bis 20:00 Uhr aushielten, bevor sie sich in Ihre Hütte begaben, die wie alle weder elektrisches Licht noch warmes Wasser hat. Das „Porzellanmädchen“ hat nach zwei Wochen Südamerika ebenfalls die gleiche Hautfarbe wie daheim. Da kann mir doch keiner erzählen, dass die Chemiemassen auf der Haut besser sind, als auch gelegentlich mal etwas durch zu lassen. Wir knallen uns nur Anti Gefiechszeug auf die Haut, denn mal abgesehen davon, dass ich von der Fauna hier doch recht enttäuscht war, gab es doch von den kleinen Krabbeldingern mehr als genug. Wobei mein Favorit immer noch das achtbeinige haarige Tierchen war, dass alles andere als klein war und in einem Blatt in der „Lobby“ wohnte. Außerdem hatten wir noch unsere Führerin Rosi. Schon deren Lebensgeschichte ist ein Abenteuer. Unteranderem erzählte Sie, dass sie mal deutlich über 100 kg wog.
Der dunkelhäutige Mann, der uns abgeholt hat, greift sich einen Abend die Klampfe und beweist mal wieder mit Wish You Were Here, dass diese Leute Musik im Blut haben.
Wir gehen in einem Nebenfluss des Amazonas baden. In Anbetracht der Tiere, die es hier gibt, zunächst ein komisches Gefühl, aber alles unberechtigt. Hier lerne ich, dass eine Frau durchaus auch im reiferen Alter und unabhängig vom Körperumfang immer noch ihren Bikini tragen kann, den sie zur Kommunion geschenkt bekommen hat.
Wir besuchen noch ein Indianerdorf, wo ich eine Pulle Schnaps für 5 Euro kaufe. Später sehe ich sie im Supermarkt für 2. Naja, es war ja auch zu einem guten Zweck.
Als wir dann abreisten, kam eine größere deutsche Gruppe an. Ja, wir hatten das auch gelesen, dass man helle Sachen wegen der Insekten tragen sollte. Allerdings sahen einige von denen in weiß aus wie Doktor Trottel im Urlaub. Bei einem auf jeden Fall eine Marotte – der war später auch am Flughafen - komplett in rot. Auch Rosi treffen wir wieder.
Wieder zurück in Manaus brauchten wir Geld. An fünf Automaten Fehlanzeige: Die Karte wurde nicht akzeptiert. Wir machten uns Sorgen, denn angeblich können man mit der Karte überall abheben. Auch am nächsten Flughafen bei drei Automaten hatten wir keine Chance. Irgendwann fanden wir dann doch noch einen Automaten, bei dem wir zumindest etwas abheben konnten. Glücklicherweise ist Brasilien – ebenso wie fast alle andere Länder auf diesem Globus – weiterentwickelt als unsere Heimat: Man fast überall und jeden Betrag mit der Kreditkarte bezahlen. Aber wir holen auf!

Kolonialzeit
Weiter geht’s nach Salvador da Bahia. Eine bunte wunderschöne Stadt im alten Kolonialstil, in der alle 200 bis 500 Meter zwei Polizisten stehen. Manche fahren auch zu zweit auf dem Motorrad, wobei der hintere immer (!) seine Pistole gezogen hat. Vorsichtshalber entschieden wir uns, den Abend nur gegenüber in einer Spelunke ausklingen zu lassen. Alle saufen Bier. Auch Frauen. Aber dass Frauen Schnaps wollen, scheint eher ungewöhnlich. Wir lernen einen alten Mann mit ca. zwei Zähnen kennen. Als er erfährt, dass ich den gleichen Namen habe – und er sich vergewissert hat, dass er mit U und nicht mit O geschrieben wird - und ich erst kürzlich in Galizien war, wo er geboren wurde, bekommt er feuchte Augen. Dann ist da noch ein Anwalt, der mal drei Monate in Freiburg gelebt hat. Am nächsten Abend grüßen unsere neuen Saufkumpane schon beim Vorbeilaufen.
Auf dem größten Platz hat tote weiße Schwarze „They Don't Care About Us“ aufgenommen. Sein Pappebenbild steht immer noch auf einem Balkon. Schaut euch das Video an. Ein kleiner Einblick in unserer Reise.
Hier verteilen Leute Bändchen, die uns ein paar Wünsche erfüllen sollen. Ich bekomme zwei (schwarz und gelb, nachdem er mich nach meinem Verein gefragt hat), meine Frau rot dazu, damit es unserer Nationalflagge entspricht – also ungebildet sind die nicht.

Strand
Von hier geht e seine Stunde mit dem Wagen nach Praia do Forte, ein kleiner schöner Ort am Strand. Schon touristisch, aber in einer angenehmen Art: kein Haus darf höher als die Palmen sein. Wir kommen an unserer Unterkunft an. Die hatte ich selber gebucht. Wir waren natürlich zu früh dran. Einchecken ging also nicht. Ob ich denn das WLAN schon benützen könne, wir wollten Radio hören. Ja klar. Daheim: Derby. Relativ zügig verstand man, was uns interessierte. Leider hatten wir nur noch zwei Büchsen Pils. Plötzlich fingen die Damen des Haus an, wild zu gestikulieren und meinen Namen zu rufen. Der Herr des Hauses hatte für uns das Derby im TV gefunden. Dann brachte er uns noch zwei Weingläser für das Bier. Da meins schon leer war, brachte er mir sogar noch eine neue Dose. Schon allein diese Erfahrung sollte als Erklärung reichen, warum wir ungern Hotels buchen, sondern lieber private Unterkünfte. Später ist der Abschied ebenso herzlich wie die Ankunft. Am Strand treffen wir den Anwalt wieder. Brasilien ist halt ein Dorf.
In dieser Gegend leben viele Nachkommen der einstigen afrikanischen Sklaven. Durch die Vermischung mit Eingeborenen und eingewanderten Europäern hat sich ein offensichtliches Aussehen ergeben, was ich so in solcher Konzentration noch nicht gesehen hatte. Die Frauen hier sind rrrrr. Zugegebenermaßen sehen die Männer hier auch nicht schlecht aus.
Wir machen einen Ausflug mit dem Jeep, wo ich eine Schlange auf den Arm nehmen durfte, aber ich verzichte dankend; und besichtigen das einzige feudale Schloss Amerikas (woran auch immer das zu erkennen ist) bzw. die Überreste davon. Hier wie auch in anderen Orten wurden wir auf das 1:7 angesprochen, allerdings niemals mit feindseligen Gefühlen. Dann auch noch eine Schildkrötenfarm und tun so auch noch etwas gute mit unserem Eintrittsgeld (tauchen ging leider nicht).
In der letzten Nacht werden wir nochmal bzw. eigentlich das erste Mal richtig zerstochen. Ansonsten wurden wir die meiste Zeit verschont.

Rio
Rio liegt von Salvador westlich, aber wir müssen die Uhren vorstellen. Ok, weil Salvador näher am Äquator liegt, ungewohnt war es trotzdem. Zunächst machen wir eine von diesen in Mode gekommenen „Free Walking Tours“ und ich erinnere mich, warum ich von Rio selbst kaum Fotos hatte. Eine wirklich hässliche Stadt. Die Altstadt wurde absichtlich platt gemacht bis auf wenige Ausnahmen. Am Strand entlang stehen nur riesige hässliche Bauklötze. Trotzdem ist eine unfassbar faszinierende Stadt, die dich auch gleich in ihren Bann zieht. Vielleicht ist das ihre Schönheit? Also vom Prinzip wie Dortmund. In Rio gibt es zwei Metrolinien: Die eine hat ca. 30 Stopps, die andere ca. 20, von denen die ersten 10 mit der anderen parallel laufen – der Sinn hat sich mir nicht erschlossen. In Rio war unser kältester Stopp: es war in der Regel unter 30 Grad. Und so waren wir auch angezogen. Entsprechend fühlten wir uns beim Betreten der Metro, denn hier hatten sich durch die Klimaanlage bereits Eiskristalle an den Fenstern gebildet. Das ist in Thailand oder anderen solchen warmen Ländern ebenfalls so - der Sinn hat sich mir noch nie erschlossen. Heute wollen wir zur Christusstatue. Das hatte ich vom Reisebüro abbestellt. Ich wollte doch mit der alten Zahnradbahn hochfahren und nicht mit dem Jeep. Also Metro. Dann Bus. An der Zahnradbahn angeblich zwei Stunden Wartezeit. Also doch den Minibus. Fast oben angekommen mussten wir erstmal warten. Nach dem Eintrittskartenkauf mussten wir auf den nächsten Bus nach ganz oben warten. Eintrittskarte vorzeigen. Unser Bus hatte offenbar ein kaputtes Getriebe. Wir waren froh, dass er überhaupt oben ankam. Eintrittskarte vorzeigen. Oben hat man eine beeindruckende Sicht (wenn denn keine Wolken da sind) auf Rio und Umgebung. Es ist allerdings rappelvoll. Hatte ich so nicht in Erinnerung. Wir wollen heim. Aber erstmal raus. Eintrittskarte vorzeigen. Auf den Minibus warten. Eintrittskarte vorzeigen. Dann zur Bushaltestelle. Warten. Fahrkarte vorzeigen. Dann den Bus zur Metrostation nehmen. Erstmal shoppen nach der ganzen Warterei. Abends sitzen wir mit ein paar Büchsen Bier am Strand. Am Ende der ewig langen Promenade, auf der langsam die Lichter angehen, liegt der Zuckerhut. Ich bin emotional arg erfasst von der unglaublichen Schönheit des Augenblicks. Unser Hotel hier war nix. Keine Möglichkeit, sich draußen aufzuhalten. Da wir aber nicht des Nachts durch Rio eiern wollten, nahmen wir die nächste Kneipe, die nett aussieht. Das Bier schmeckt. Nach der Verrichtung der Notdurft erscheint die Toilette im Spirit wie ein Wellnessbereich. Also erstmal Schnaps bestellen.
Am letzten Tag (ein Sonntag) fahren wir noch auf den Zuckerhut. Leider ist es sehr bewölkt. Wir gehen noch zu einem Sonntagsbuffet, das hier sehr beliebt ist und das Essen ist auch richtig gut. Das Viertel Rios hat lt. Reiseführer mehr als viermal so viele Rentner wie andere. Und die sind auch alle essen. Auf dem Rückweg zum Hotel stellen wir fest, dass an der Copa Cabana grade eine „Gay Parade“ läuft – und das zum Abschluss unserer Reise. Unsere homosexuellen Freunde werden vor Neid erblassen. Ok, nach diesem Urlaub würden das auch alle Heten. Leider fällt die Parade am Ende noch in Wasser. Ansonsten gab es an dem Wetter wirklich nichts auszusetzen.

Fazit
Ein Land mit unglaublich vielen Rekorden und so war es auch der Urlaub: Es war meine teuerste Reise mit zehn Flügen, vier Zeitzonen (irgendwann war uns nicht mehr klar, ob wir die Uhren nun verstellen müssen oder nicht), ca. 50 Eiern und etwa genauso viele Plastiktüten. Dagegen erhalte ich – anders als hier, wo ich einen halben Meter langen Kassenzettel bekomme – nur einen Schnipsel Papier.
Den weiblichen Leserinnen, die glauben, ihr Hintern sei zu dick für einen String oder ihr Alter lasse das Tragen von gewissen Kleidungen nicht mehr zu, sei gesagt: Das ist ein Irrtum. Komischerweise gibt es unverhältnismäßig viele dickere Frauen. Der Hintern geht allerdings nicht zur Seite wie bei uns sondern nach hinten und man kann sogar extra nach hinten ausgebeulte Buxen kaufen. Deine Socken, lange Hosen, langärmlige Oberteile und Jacken kannst du daheim lassen. Allerdings solltest bei den Temperaturen und der Luftfeuchtigkeit nur mit jemandem reisen, den du wirklich gut riechen kannst.
Wir wurden daheim bekloppt gemacht, was die Sicherheit in Brasilien angeht. Sicherlich waren wir nicht nur darum übervorsichtig. Aber es gab bis zu unserer Heimkehr nur eine Situation, wo fast nur zwielichtige Gestalten um uns rum waren: Als wir daheim die U-Bahn betraten. Alle Einheimischen, die wir dort kennenlernten, waren nett und freundlich zu uns.
Das Essen war sehr vielfältig und anders als in anderen Urlauben, wo man oft essen geht, wurde es nie langweilig. Ist allerdings von Vorteil, wenn du gern Rind isst. Einmal bekam ich Schwein, selten Huhn. Und das können die hier alles richtig gut und auch noch günstig zubereiten.
Dieser Urlaub war – auch wenn es sich nicht gleich so anhört – anders: Er stand unter dem Motto „weniger ist mehr“, also wenig geplantes Programm und fast immer einen Tag länger als der ursprüngliche Baustein des Reisebüros vorsah. Daher fühlten wir uns zu keiner Zeit gehetzt, hatten immer das Gefühl noch genug Zeit übrig zu haben. In Kombination mit dem Erlebten eine fantastische Reise.

Euer Manoel

Mittwoch, 19. August 2015

Klagenfurt

1.000 km bis zu Sieg


Vorgeschichte:
Mitten in der x-tel Qualifikationsrunde (also zwischen Hin- und Rückspiel) wurde gelost und der Gegner für unseren ersten EL-Auftritt seit Jahren fast festgelegt: Irgendwas weißrussisches oder Wolfsberg, ein Nest in Österreich mit ca. 25.000 Einwohnern. Zum Glück setzten sich letztere durch und wir konnten spontan eine Cabriotour nach Klagenfurt machen, wo das Spiel stattfand.
Auf Nachfrage teilte mir meine Versicherung mit, dass ich spontan keinen zweiten Fahrer anmelden könne. Denen scheint es nicht so wichtig zu sein, dass nix kaputt geht oder ein paar Euros extra einzunehmen.
Kartenkaufen wird wahrscheinlich nie wieder so einfach sein. Also stand dem Trip nichts mehr im Wege außer zwei Tage genehmigten Urlaubs, die es dann zum Glück auch noch gab.

Hinweg:
Am Mittwoch nach dem Feierabend ging‘s erstmal bis zu einem Kaff in Franken, wo wir zünftig speisten und den Halben gab‘s für faire 2,60 dazu. Am nächsten Morgen ging‘s dann nach Sankt Primus am See, weil in Klagenfurt Beachvolleyball-EM war und es keine Zimmer mehr da gab. Kurz hinter der mittlerweile unsichtbaren Grenze ist ein kleiner Ort „B. am Inn“ ausgeschildert. Dass dort immer noch Psychopathen geboren werden, bestätigen die Lokalnachrichten, wo von einem Sohn berichtet wurde, der nachts mit der Kettensäge im elterlichen Schlafzimmer stand… Ansonsten haben die wirklich die lustigeren (Orts)Namen. Unsere Favoriten sind „Kulm am Zirbitz“ und „Klaus an der Pyhrnbahn“.
Nach ziemlich genau 1.000 km sind wir am Ziel; dann einchecken weiter geht’s zum empfohlenen Messeparkplatz in Klagenfurt mit Shuttleservice. Beim Abendessen in Klagenfurt davor sehen wir viel Schwarzgelb.

In den Bergen:
Der Shuttleservice ist sehr gut. Das Stadion liegt in einer Wohngegend. Dort gibt es auch einige Buden, die ausschließlich von unserem Anhang bevölkert werden. Wir machen noch ein Beweisfoto vor dem „Sportpark Klagenfurt“, wobei ich meine Eintrittskarte verliere. 1.000 km für den A…? Zum Glück liegt die kurz danach immer noch im Gras.

Adrenalin habe ich damit genug für diesen Abend im Blut. Gehöre damit allerdings zu einer Minderheit im Stadion. Die Mehrheit sind eh einheimische Interessenten die unseren – wie der Sprecher sagt – „geilen“ Verein mal live sehen wollen. Eine Hand voll abenteuerlustiger Wolfsberger haben sich doch tatsächlich die Ochsentour von 40 Minuten Autofahrt auf sich genommen, um ihr Team zu unterstützen. Entsprechend mau ist die Stimmung.
Das Spiel hat einen absoluten Höhepunkt kurz vor Schluss, als ein Flitzer aufs Spielfeld läuft, sich aber niemand dazu berufen fühlt, ihn auf den rechten Weg zurückzubringen. Pünktlich zum Abpfiff fängt es an, aus Eimern zu kübeln und passenderweise klappt der Shuttleservice nur sehr schleppend. Als wir wieder am Auto sind, hört es auf. Na toll.
Am nächsten Tag gehen wir zunächst Wandern auf den Hochobir. Der Gipfel ist exakt nur in der Zeit voller Wolken, als wir oben sind. Für meine Knie ist das nichts mehr: Der Aufstieg ist zwar anstrengend, macht aber Spaß und man merkt‘s auch noch nach ein paar Tagen. Absteigen machen keinen Spaß. So manch andere bestätigen das bestimmt...
Abends bei herrlichstem Wetter besuchen wir nochmals Klagenfurt.

Die Rückreise:
Wir sagen die letzte Nacht ab, da wir noch über die Großglocknerstraße wollen. Am Wörthersee entlang zu einem lustigen Aussichtsturm („Pyramidenkogel“), zum Schloss am Wörthersee, wo der Kopf von Roy Schwarz vorsteht und zum Kirchtag in Villach sorgen für ein volles Programm bei immer noch richtig gutem Wetter. Auf der Großglocknerstraße ist dann alles leider voller Wolken.
Den Abend verbringen wir bei einer niedlichen Omi in Fusch. Am nächsten Tag fahre ich zum ersten mal 836 km am Stück. Und dank des Rückreiseverkehrs sind wir auch nur etwas mehr als zwölf Stunden unterwegs.

Fazit:
Ein super Trip, nur leider an den entscheidenden Stellen mit dem falschen Wetter. Machte Lust auf den nächsten Trip, brauche ich dazu mehr Urlaub…

Montag, 13. Juli 2015

Nordfrankreich

Eine neue ErFahrung

Vorgeschichte

Unsere hessischen Freunde hatten die Idee, gemeinsam mit uns einen Wohnmobilurlaub zu unternehmen: Nordfrankreich – das Ziel reizte mich auch immer schon mal. Wir wären eigentlich etwas später gefahren, aber wegen der Ferien starteten wir Mitte Juni. Am bis dahin heißesten Tag des Jahres packten wir also bei 33° C Grad die Mühle voll mit unserem Gerümpel. Ich hatte vor zehn Jahren in Kanada schon mal einen WoMo-Urlaub gemacht. Der Unterschied dazu war: Diesmal war das WoMo sozusagen „nackt“. D.h. fast wie bei einem Umzug mussten wir vom Oberbett über die Zahnbürste bis zur Kaffeetasse alles einpacken. Dann zum Supermarkt und den Kühlschrank füllen…

Die erste Etappe

Danach ging’s direkt los über Aachen nach Belgien, wo wir unsere erste Nacht auf einem Rastplatz verbrachten. Vor dem Gefährt noch ein paar leckere Dortmunder Pilsetten und dann gute Nacht.
Am nächsten Morgen gießt es aus Eimern. Wir machen uns ein leckeres Frühstück und sind gegen Mittag in Rouen, wo wir am Fluss auf die anderen beiden warten. Wenn das Zementwerk gegenüber nicht wäre, wäre es ein perfekter Standort. Da es Samstag ist, ist die Stadt voll. Für mich eine der schönsten Städte, die ich je gesehen habe. Viel Fachwerk und tolle und große Kirchen.
Von diesen Kirchen besuchten wir noch einige weitere. Wenn du „Die Säulen der Erde“ kennst, fühlst du dich dahin versetzt. Auch wenn es in England spielt, passt es irgendwie.
Am nächsten Morgen fahren wir zur Steilküste nach Etretat. Trotz Navi – oder vielleicht grade deswegen – dauert die Fahrt statt 45 Minuten etwa das Dreifache. Immerhin essen wir irgendwo auf dem Weg das leckerste Brot des Urlaubs… Von der Steilküste fahren wir mit dem Rad in den Ort. Und wie das bei Steilküsten so ist, muss man an den Ort am Meer natürlich nur Bergab fahren. Und eine alte Regel besagt „alles was du runter fährst, musst du nachher wieder rauf fahren“. Und so waren wir nach dem kleinen Ausflug gut durchgeschwitzt.
Dann geht’s über die „Pont de Normandie“ (die längste Schrägseilbrücke in Europa) bis Honfleur, einem sehr netten Städtchen wo wir dann auf dem ersten richtigen Stellplatz lernen, dass nicht jeder auch einen Elektrogrill verkraftet. Am nächsten Tag geht es weiter an der Küste entlang durch gleich drei Städtchen, wo nur Villen am Strand stehen. Einladend ist es bei grauem 18-Grad-Wind jedoch nicht. Das ist möglicherweise der Grund, warum keine einzige der Villen bewohnt ist: Den Reichen, die nur im Sommer hier sind, ist es wohl noch zu kalt. Die Nacht verbringen wir auf einem Mini-Stellplatz kurz vor Caen. Abends sitzen wir dann zu viert in unserem Mobil. Draußen ist es auch mit 2 Pullis kaum auszuhalten.
Am nächsten Tag fahren wir über Caen und Bayeux bis an die normannische Küste. Zum ersten Mal übernachten wir auf einem Campingplatz. Endlich mal ausgiebig duschen… Der Ort heißt Arromanches. Ein richtig hässliches Drecknest. Berühmt wurde es jedoch, weil hier 1944 ein „künstlicher“ Hafen angelegt wurde. Der Ort besteht nur aus D-Day Trödel. Irgendetwas anderes zu finden, ist unmöglich. Ohne den Krieg würde wohl niemand hier her kommen, sogar der Strand ist Schrott. Am nächsten Tag fahren wir die Küste über u.a. Omaha Beach entlang. Dieser Strand ist schön. Aber es ist viel zu kalt, um an einen längeren Aufenthalt zu denken. Viel spannende Geschichte kann man hier sehen, aber es schade, dass die Gegend – insbesondere mit ihren schönen Städtchen – auf das schlimme Gemetzel reduziert wird. Abends übernachten wir auf einer Wiese eines Bauernhofs. Als wir am nächsten Morgen zunächst eine Schlossruine besichtigen und danach Granville im grauen Nieselregen erreichen, ist die Stimmung auf dem Tiefpunkt. Wir sind kurz vor dem vermeintlichen Höhepunkte der Reise: Le Mont-Saint-Michel. In einem konspirativen Treffen entscheiden die anderen drei in meiner Abwesenheit, sich die komplette Bretagne zu knicken und ins Landesinnere zu fahren. Die Küste runter wäre es zwar vermutlich wärmer aber der permanente Wind hat den anderen die Lust an der Küste genommen.
Der Rückweg

Wenigstens machen meine Frau und ich noch einen Stopp in Rennes, der schönen Hauptstadt der Bretagne. Mittags gehen wir Crêpes essen, der hier aber nicht Crêpes heißt. Wir bestellen einen Cider, der in der Tasse serviert wird.
Hinter Le Mans wollen wir von der Autobahn runter. Das Navi meint jedoch, um zwei (!) Minuten eher am Ziel sein zu können, ist ein Umweg von 40 km ok. Das meinen wir nicht. Wir verplempern 30 km, 30 Minuten und ein paar Euros Maut.
Der 5-Sterne Campingplatz liegt am einem künstlichen See. Und ansonsten im Nichts. Immerhin ist es heiß und endlich mal nicht windig. Nach drei Tagen wird es den anderen (ich wär ja eh nicht hier her gefahren) zu langweilig und wir fahren auf einen Platz in der Nähe von Alt Orliens (wie man sagen könnte). Kurz vor der Ankunft fährt uns eine freundliche Dame in die Karre. Ein zufällig vorbeikommender zweisprachiger Mann hilft uns etwas aus der Patsche, d.h. dem Ausfüllen des Unfallbogens. Wenigstens ist nicht Wichtiges kaputt gegangen. Der Platz ist auch nett und – zum ersten und einzigen Mal – gibt es kostenloses WLAN: willkommen in der Steinzeit! Hier nutzen wir auch endlich mal unsere Räder und fahren die Loire entlang. Man muss sagen, dass die Autofahrer hier tatsächlich rücksichtsvoll fahren. In Orleans beginnt am nächsten Tag der Sommerschlussverkauf und in der Stadt ist die Hölle los und einige Läden scheinen vor kaufwütigen Damen zu platzen. Ich lasse mich stattdessen vor der Jungfrau fotografieren.
Auf dem Rückweg machen wir noch einen Stopp in Peronne, wo scheinbar alle unfreundlichen Leute (denen wir bisher nicht begegnet sind) der Gegend hausen, bevor wir die Nacht wieder in Belgien verbringen. Am nächsten Tag (es ist der zweitheißeste Tag des Jahres) treten wir dann den letzten Teil der Rückreise an.

Fazit:
Ein zwar schöner, aber wenig erholsamer Urlaub und von allen, die ich mit meiner Frau gemacht habe, der schlechteste.
Es lag nicht daran,

  • dass uns der Kloakengestank im Wagen störte (nicht, was du jetzt denkst, sondern das ganz normale „Brauchwasser“ z.B. vom Spülen verursachte den Geruch) oder
  • dass du deine eigene Brühe entsorgen musstest oder
  • dass du das Ding am Ende auch noch Putzen musstest oder
  • dass die Plätze in der Regel eher in der Natur sind und dies meine Hochphase des Heuschnupfens ist, so dass ich meist aussah wie ein Karnickel mit Niesanfällen oder
  • dass Camping für mich gleich Grillen ist, dass aber in Frankreich kaum möglich ist: wir haben in sämtlichen Läden (d.h. Supermarktketten und auch Metzger) jegliche Wurstsorten und auch eine Menge Fleisch probiert – richtig lecker war nichts!

Wir würden wohl nochmal hinfahren, aber dann mit dem PKW und uns ein paar Unterkünfte suchen.
Die Fremden- oder gar Deutschfeindlichkeit haben wir nicht erlebt. Die Leute waren in der Regel hilfsbereit und freundlich, wobei wir klar als Deutsche (oder besser bzw. meist als Dortmunder) erkennbar waren. Genießen kann der Franzose, daher sind auch Lebensmittel bzw. Restaurants relativ teuer. Eine Kugel Eis kostet überall 2,50 Euro. Nur Olivenöl und Wein sind günstig (und lecker). Die Tomaten waren auch großartig im Geschmack. Außerdem schienen die 5-L Weinkanister weniger zu enthalten als ausgezeichnet und waren entsprechen schneller alle.

Euer
Monsieur Docteur Catastrophe

Mittwoch, 3. Juni 2015

Riga

EuropaLetten - Ocam Pivo 5.0

Die Vorgeschichte:

Wir hatten Riga als Ziel auserkoren, da es mehrere Jahre mal Snorres zweite Heimat war. Einen besseren Reiseführer bekommt mal wohl kaum. Aber es kam anderes – familiäre Verpflichtungen ließen es nicht zu. Auch Dr. Furzinger und der Durazellmann konnten nicht teilnehmen. Dann wurden die Flugzeiten geändert, so dass auch noch Fart absagen musste. Aber es gab eine Neuverpflichtung: nach den letzten Flops von LL & Ette im Herbst kam Hans dazu. So dass wir zu folgender Aufstellung kamen: Hinten Chorche und Hans, davor Nuschel, das Phantom, der V-Mann, Faxe (wer hat den so genannt? Er wollte auch endlich einen richtigen Künstlernamen und schlug Pupu vor (oder so ähnlich vor, was wohl die Kurzform für „puh Pups“ sein sollte)) und natürlich ich.

Also sind wir nur zu siebt – das heißt „Septimi Alus“!

Auf geht’s!

Mit dem Taxi hatten wir ja im letzten Jahr schon so unsere speziellen Erfahrungen gesammelt. Diesmal kommt mich eine Dame abholen. Sie muss zunächst noch den V-Mann und dann Hans einsammeln – alles in der Nähe – und verfährt sich auch noch. Ihr Fahrstil kann auch ansonsten getrost als defensiv bezeichnet werden.

Am Flughafen gibt’s dann endlich das erste Kaltgetränk. Es wird schnell klar: Eine Gruppe pubertierender Jungs ist unterwegs. Das hohe Niveau wird zügig von ca. 14 Jahren auf 13 gedrosselt. Schnell erreicht auch unser Jüngster (Nuschel) wieder sein Sprachlevel. Pupu hat auch wieder sowohl Bier also Prio-Check-In organisiert. So ist’s recht! Der Flug verläuft reibungslos. Angekommen brauchen wir kein Geld tauschen – auch super! Ich möchte bitte sieben Bustickets kaufen. Ich bekommen nur 5 auf einmal. Ein Überbleibsel der Planwirtschaft? Kurz darauf sind wir auch schon im Zentrum Rigas. Zunächst sind wir über die Sauberkeit der Umgebung überrascht. Auch das Hostel ist wirklich sauber. Man muss sogar seine Schuhe im Eingangsbereich ausziehen, was allerdings für eine leckere Duftnote in diesem Teil des Hostels sorgt.

Die restlichen Gäste sind bunt gemischt, eine weitere Person fällt allerdings besonders ins Auge: Ein Schwede, der für 6.000 € ein Haus gekauft hat - wie er später erzählt, aber jetzt kein Geld mehr für die Rückfähre hat. Das wenig übrig gebliebene Geld setzt er statt für Schampon lieber für Bier ein. Auch ein Zimmer hat er nicht mehr. Der Schmierlappen darf aber mal eine Nacht auf dem Sofa im Aufenthaltsraum pennen. Noch schlimmer als er ist allerdings ein Typ (vermutlich auch noch unser Landsmann), der plötzlich mit einem weißen Hemd auftaucht. Ich bin ja bekannt für meine Toleranz gegenüber Randgruppen und Minderheiten, aber bei einem weißen Hemd im Hostel ist Schluss!

Unser erstes Essen nehmen wir in einem kantinenähnlichen Restaurant ein. Das lokale Bier ist lecker! Wir erkunden die Innen- bzw. Altstadt. Abends trinken wir zunächst ein paar Leckerbierchen im Hostel, was dazu führt, dass Hans und ich dort versacken, während die anderen einen guten Laden finden, den wir auch am nächsten Abend besuchen.

Am nächsten Tag gibt’s zunächst ein echtes Männerfrühstück. Ich bin der einzige, der auch ein Bierchen zum Abschluss nimmt: Im Angebot ein halber Liter für 1,19 €! Wegen des miesen Wetters sparen wir uns die Free-Walking-Tour. Dann erkunden wir ein Gebiet abseits der Innenstadt. Die Straßenverhältnisse sind gleich mieser, die Gegend dreckiger und die Pennerdichte um ein Vielfaches höher. Chorche kauft sich auf dem Markt, auf dem es sonst nur Müll gibt, einen dicken Pulli, der sich bei Abreise auch schon auflöst. Wir fahren auf den Turm der „Lettische Akademie der Wissenschaften“ und besichtigen die Stadt von oben. Von dort sieht man noch deutlicher die rausgeputzte Innenstadt neben den runtergekommenen Vororten. Das Wetter ist sehr wechselhaft. Nach dem Turm laufen wir an Fluss, wo es ganz plötzlich richtig warm wird. Eins, zwei, drei – Oberkörper frei. Anschließend machen wir eine kleine Flusskreuzfahrt, bei herrlichem Wetter – eine wunderbare Erinnerung an Belgrad.
Wir essen auf einem der Plätze in der Altstadt. Das Essen ist nicht so dolle und das Bier kostet 5 €!

Am Abend sind wir im tags zuvor gefunden riesengroßen Kneipendiscorestaurant. Trotz der Größe ist es sehr gemütlich, da verwinkelt, da es wohl früher mal sowas wie ein Wein- oder Bierkeller war. Wir haben eine wirklich klasse Kellnerin: wir bestellen meterweise Schnaps und sie lässt sich nicht lumpen, um jeweils einen mitzutrinken.

Ich werde natürlich wie immer als erster wach. Stunden vor allen anderen. Zwei Jungs schaffen es tatsächlich, im Kanon zu schnarchen. Ich habe Durst. Durst ist schlimmer als Heimweh, aber irgendwer hat mein Wasser getrunken. Zum Glück steht ein Rest Bier von gestern Nachmittag an meinem Bett. Ich möchte meiner Frau mal eine Nachricht senden. Irgendwas stimmt aber mit meinem Handy nicht mehr: Es kann nur noch Französisch und Polnisch, ich schaffe es trotzdem irgendwie.

Die Free-Walking-Tour haben wir verpasst. Also fahren wir ans Meer. Der Zug fährt nur 30 Minuten und hält insgesamt zehn Mal. Es ist sehr grün überall und am Meer ist es wieder schön. Wir spazieren am Strand entlang und finden eine Bierbude. Die Zapfhähne sind wohl nur Fake. Man macht uns je eine Büchse auf, die man dann in Plastikbecher füllt. Das Wetter wird wieder schlecht. Wir kehren noch in ein Restaurant ein, um endlich richtiges lettisches Essen zu bekommen. Aber auch hier ein Flopp: zunächst warten wir ewig auf den Kellner, bis einer von uns eine Menükarte findet, auf der „Selbstbedienung“ steht – das macht Sinn, es nur dorthin zu schreiben. Mein Rumpsteak ist ein Schnitzel. Pupu klopft meins gegen seins, um die Tonnen Dill loszuwerden. Wir bestellen alle einen Bier-Entwurf (tja, manchmal mach es eben doch keinen Sinn, den Computer Übersetzungen durchführen zu lassen). Kurz vor der Abfahrt suchen wir die Örtlichkeiten am Bahnhof auf, die wohl seit seinem Bau in den Nachkriegsjahren auch nicht mehr gereinigt wurden.

Abends haben wir die Pub-Crawl Tour gebucht. Was wir jeden Tag gebucht hatten war Pup-Tour. Wenigstens drei von uns sollten dringen mal einen Arzt aufsuchen, denn wer solche Gerüche produziert, kann nicht gesund sein. Wenn du vorher meine Frau gefragt hättest, hätte sie mir auch Chancen auf den ersten Stinkplatz zugesichert, aber an diesem Wochenende rieche ich immer gut, egal, was für einen Müll ich auch in mich hineinstopfe.

Wir treffen uns also um 22:30. Alles beginnt später, weil ein paar deutsche Mädels für das „Fertigmachen“ noch länger brauchen. Der Führer an diesem Abend ist ein Chinamann mit Namen Dixi(klo) oder so ähnlich. Der hat es nun gar nicht drauf. Nach der ersten Kneipe rennen wir planlos durch die Stadt. Wir kennen uns mittlerweile schon besser aus als er. Nachdem wir duzende von Läden links liegen lassen, stehen wir wieder vor dem ersten Schuppen. Nach dem nächsten Gewaltmarsch sind wir endlich vor dem zweiten Laden. Fast überall das gleiche Bild: Kleine Kneipen, die bis zum Rand voll sind und genau ein Klo für alle haben. Das haben die nun davon: aus dem berühmten Pulverturm machen wir da eben den Pullerturm. Irgendwann finden wir dann doch noch einen guten Laden. Als wir irgendwann heimgehen, ist es bereits hell draußen.

Die Free-Walking-Tour verpassen natürlich auch wieder. Es gibt ein recht chilliges Café, in dem Chorche auf den Kissen auch gleich einpennt. Sowas hätten wir alle gern daheim. Wir versuchen noch mal etwas zu schoppen und landen abends wieder in dem Laden, wo wir schon zwei Mal waren. Danach wird’s irgendwie durcheinander, was im Endeffekt dazu führt, dass ich mit Nuschel und dem Phantom heimgehe, um noch ein Sicherheitsbier zu trinken. Am nächsten Morgen müssen wir ja früh raus und es geht heim.

Fazit:

Ein klasse Trip (wie immer) in eine schöne Stadt. Das Bier ist lecker, das Essen eher enttäuschend – richtig einheimische Küche ist nur schwer zu finden, vieles ist „Standardessen“. In der Altstadt ist das noch schlimmer als außerhalb und zudem noch teuer. Die Architektur ist abwechslungsreich und es gibt viele Baustile. Allerdings hat man bei weitem nicht dieses Mittelaltergefühl wie in Tallinn. Außerdem war der eine Tag mehr, den wir durch die Fluggesellschaft bekamen, genau richtig.

Ich freu mich schon auf den nächsten Trip

Prosit

Donnerstag, 19. März 2015

Turin

Wir lagen träumend im Gras...

Vorgeschichte:

„Juhu Turin“, dachten wir alle, als das Los gezogen wurde. Endlich mal nicht so weit. Aber der Verein machte uns einen Strich durch die Rechnung. Keine Karten. Und ich hatte meine letzten drei Tage Resturlaub dafür eingeplant und eingereicht. Unser Auswärtsirrer hatte über dubiose Kanäle eine Karte organisiert und eine Ich-Flieg-Von-Irgendwo-Nach-Irgendwo-Bloß-Nicht-Von-Daheim-Zum-Ziel-Tour (Auto nach Weeze, Flug nach Bergamo, Leihwagen nach Mailand und dann nach Turin) gebastelt und ein paar andere Bekannte wollten unbedingt eine Ochsentour mit dem Bus machen. Ich bekam tatsächliche eine Karte über unsere Lieblingshotline. Aber allein? Fast wär mir die Lust vergangen…

Auf ins Piemont:

Ich hatte einen Flug von Eindhoven direkt nach Turin gebucht für schlappe 100 Piepen – hin UND rück versteht sich. Also richtig Geld sparen ließ sich mit dem der Busgurkerei nicht wirklich. Einzig die Flugzeiten waren nicht grade optimal: Am Dienstag um 4:00 Uhr ging es daheim los. In Deutschland ist da auf den Straßen absolut nichts los. Eine Stunde später bin ich auch schon bei unseren entspannten Nachbarn. Auf der Autobahn um diese Zeit befinden sich in den Niederlanden offenbar ausschließlich LKW. Eindhoven scheint die Stadt „Der-frühe-Vogel-kann-mich-mal“ zu sein. Autos oder Fußgänger – Fehlanzeige. Vor 6:00 hatte ich bereits den Wagen verlassen. Köln-Bonn ist kaum näher.
Am Flughafen sah ich nur fünf Turin-Fans mit Joggingbuxen und einer schlauerweise in schwarz-gelb. Diese wähnten sich in der Überzahl und stimmten kurz ein Fangesang ein, als sie mich sahen. Konnte es sein, dass niemand auf die gleiche Idee wie ich gekommen war? Im Flieger sah ich dann plötzlich fast nur noch richtiges schwarz-gelb. Ich hatte offenbar ein Topplos beim Sitzplatz gezogen: Neben mir ein Stinker und als ich grade Platz genommen hatte, kam ein richtig Fetter Typ für den anderen Platz. Unaufgefordert gibt ihm die Stewardess (die Saftschubsen sind von der Kleidung irgendwo zwischen Küchenpersonal und Putzfrau angesiedelt) eine Gurtverlängerung – eigentlich überflüssig, denn er war ja mit seinem Wanst am Vordersitz arretiert.
Nach der Landung bekommt man eine wundervolle Kulisse geboten: Die Hälfte des Flughafens ist vom Alpenpanorama eingerahmt. Durch hässliche Vororte geht es in die doch recht schöne und vor allem pompöse Stadt. Vor 5 Jahren war ich mit meiner Frau schon hier und erinnere mich an einige Stellen. Auch gegen Turin war ich schon in Italien. Vor genau ziemlich 20 Jahren. Allerdings hatten die damals ein Heimspielverbot und mussten im altehrwürdigen San Siro Stadion in Mailand ran.
Als ich mit meinem schwarz-gelben Schal über den Markt laufe, ruft mir ein Händler „Dschiro, Dschiro“ hinterher und auch sonst alles eher eine freundliche Atmosphäre. Und so geht es weiter: Die befürchtete Langeweile ergibt sich nicht: Zunächst treffe ich den ersten Michael von meinem Trip nach Donezk. Wir trinken ein paar 0,33 Pils und mit dem Aufdruck „since 1997“ tun auch die 5 Euro nicht weh. Danach treffe ich den zweiten Michael von meinem Trip nach Donezk. Zwei Jahre ist der nun her und können uns kaum vorstellen, dass das heut nicht mehr möglich ist. Unser Mitgefühl ist bei diesen Menschen. Diesmal gibt es 0,5 Liter Wein für ebenfalls fünf Euro und dazu Gläser mit Aufdruck Dortmunder Union. Sehr schön.
Die Organisation des 25-minütigen Bustransports der Fans zum Stadion ist sehr gut. Leider spielt Juve im neuen Juventus-Stadion, denn das Stadio delle Alpi wurde abgerissen. Die Namen auf den Eintrittskarten werden tatsächlich mit den Ausweisen abgeglichen. Die Stimmung ist eher schlapp. Ein paar Idioten versuchen den unseren Anhang mit Gesängen und Transparenten zu provozieren. Große Feierei nach einem Sieg ist da wohl nicht angesagt. Mehr gibt es eigentlich nicht zu berichten. Ich lerne vier Jungs von einem Fanclub aus Schöppingen kennen, mit denen ich die Heimreise antrete. Nach der Blocksperre geht’s zurück. Nach ca. vier Stunden auf dem Trockenen haben alle Brand, aber auch nach so einem Ereignis herrscht auf dem gesamten ca. 30-minütigen Fußweg vom Busstopp bis zum Hotel durch die gesamte Turiner Innenstadt tote Hose. Mein Hotel - das Frühstück und die Lage sind großartig - kann ich euch empfehlen!
Da ich durch den Flugplan einen Drei-Tagestrip gebucht habe, kann ich am nächsten Tag ausgiebig die Sonne genießen. Bis ich mittags meine neuen Freunde aus dem westlichen Müsterland treffe. Da die Aussichtsplattform des vor ein paar hundert Jahren noch höchsten Gebäudes der Welt gesperrt ist, machen wir es uns mit ein paar Pils am Fluss gemütlich. Es gibt noch ein obligatorisches „Finger-im-Po-Foto“ und dann müssen wir weiter, denn Cafés oder ähnliches am Fluss gibt es keine. Wir essen später noch in dem laut Tripadvisor besten Laden Turins ein paar Baguettes. Ein kleines Bier dort kostet zwei Euro, ein großes zwei fufzich. Wir wollen grade gehen, da fragt man uns: „Ihr habt doch ein großes Bier zum Baguette bestellt, oder?“ „Ja.“ „Dann bekommt ihr noch jeder ein kleines Nutella-Baguette.“ Na das hätte ich in Italien nicht erwartet. Dann werde ich zu den Jungs in ihre Ferienwohnung eingeladen. Durch ein kleines Ghetto kommen wir schnell dorthin. Als ich dann höre „jetzt lernst du den Luigi kennen“, frage ich mich ob ich mir Sorgen machen muss. Aber es handelt sich nur um ein lustiges Saufspiel. Auf dem Heimweg sind bereits wieder alle Bürgersteige hochgeklappt, dabei ist es noch nicht mal spät.
Am nächsten Tag geht es nach dem Frühstück zum Bahnhof und dann zum Flughafen. „Wir lagen träumend im Gras“ draußen in der Sonne und warteten auf den Abflug. Nach Teneriffa am Samstag innerhalb von fünf Tagen das zweite Mal von der Sonne in den Regen. In Dortmund ist’s trotzdem am schönsten!

Fazit:

Bis auf das Ergebnis ein guter Trip. Die Stadt ist auch eine Reise wert. Da es höchstwahrscheinlich auf Jahre die letzte Möglichkeit war, internationale Luft zu schnuppern, bin ich froh, es gemacht zu haben.
Schöne Grüße an die Schöppinger Berg-Borussen!