wie es kam...

Tja, irgendwie verlaufen meine Reisen immer katastrophal, was mir den Spitznamen "Dr. Katastrophe" einbrachte. Leider sind nicht mehr alle Reiseberichte vorhanden. In manchen Fällen nur noch ein "Beschwerdebrief"...

kreative (!) Anregungen sind willkommen!

Euer
Dr. K.

Mittwoch, 24. Juli 2013

Costa Verde

In diesem Jahr scheint es, als müsse vor meinen Urlauben getrunken werden (Lanzarote, Belgrad). Diesmal mit den Kollegen. Ein paar machen mich bekloppt, meinen, alles würde gut gehen und es gäbe nicht zu berichten. Aber davon lasse ich mich nervös machen!
Am nächsten Morgen wache ich ohne Kater auf, was mich zunächst stutzig macht. Auf dem Weg zum Flughafen stelle ich fest, eine Stunde zu früh zu sein. Naja, besser das als zu spät.

Urlaub in Mittelerde

Schon beim Anflug auf das Auenland sind wir erstaunt von dem saftigen Grün der Hügel. Auch wenn der Name es schon andeutet, so sieht es in der Realität doch noch mal schöner aus.
Zunächst geht’s zu den Mietwagen. Man bietet uns zunächst einen Diesel an, aber da ich dann vom Glauben abgefallen wäre, revidiert die Dame die Aussage...
Im Auenland angekommen, wundern wir uns über ungewöhnlich viel Tätowierte und noch mehr Bettler (nicht Penner), die teilweise besser angezogen sind, als manch einer bei uns im Stadion. Ein Idiot steht auf einem Kasten und brüllt irgendetwas. Zuhören (oder nur daneben stehen) tun tatsächlich zwei Mädels. Es sieht so aus wie bei "Brian" ("Schaut die Lilien"))...
Gleich bestätigt sich, dass im Auenland gern Kraut geraucht wird.
Der nächste Tag bringt uns nach Bruchsal (damit der ungebildete Leser (zu deren Verteidigung muss man anbringen, dass selbst Sprachforscher sagen, KEINE Sprache der Welt hätte Ähnlichkeiten mit dieser hier) folgen kann, verwende ich auch die bekannteren Namen: San Sebastian).
Hatte ich mich letztes Jahr noch darüber echauffiert, dass man in Spanien die zur Stadt passenden Autokennzeichen abschafft (s. Menorca), kann ich es diesmal nachvollziehen, finden wir unseren Wagen zwischen Autos mit den Buchstaben SS wieder. Dazu kommt, dass wir wie immer einen Kühlschrankmagneten mit einem lokalen Symbol o.ä. mitnehmen wollen. Das ist hier leider nun mal so eine Art Hakenkreuz aus Blumen. Dazu muss man jedoch sagen, dass die Basken (wie fast alle in Nordspanien) gegen Franco gekämpft haben.

Interessant ist die Tatsache, dass wir immer wieder neben der Autobahn Ansammlungen von Hochhäusern sehen, die aber scheinbar zu keinem Ort gehören. Es muss sich hierbei um die Minen von Moria handeln, die samt ihrer Industrie der Gegend hier den Wohlstand brachen. Und keine Übertreibung: an zwei Stellen sieht es so aus, als wolle man den ganzen Berg abtragen!

Am 7.7. besuchen wir die wohl fetteste Party Spaniens (San Fermin in Pamplona). Alle Leute vom Säugling bis zum Scheintoten sind weiß gekleidet und haben ein rotes Tuch um. Ein paar Exoten haben blaue oder grüne Tücher. Zivilisten sind in der Regel Spielzeug verkaufende Asiaten oder dunkelhäutige Schmuckverkäufer.
Durch die Straßen kommen verschiedene Züge aus allen Richtungen, kreuz und quer. Die Leute tanzen auf den Straßen zur Musik, die von anderen gemacht werden. Die Dunklen machen auch Musik und sammeln dafür...
Wir hatten es nicht erwartet, aber die Stimmung steckt an und wir stürzen uns ins Vergnügen. Bier gibt es in handlichen 0,75-l-Bechern für trinkerfreundliche 3 €. Trotz der mittlerweile 30 Grad riecht es selten nach Schweiß. Häufiger dafür nach Urin und Erbrochenem in Konkurrenz mit in der Hitze vergammelnden Müllhaufen. Die Reiniger versuchen der Sache mit Schläuchen Herr zu werden – die Straßen werden also permant „gewaschen“.
Alles hier zollt Respekt, insbesondere für das immer spaßfreier werdende Deutschland (habe gehört, dass es bereits eine Gesetzesvorlage gibt, die lautes Lachen in den Straßen ab 20:00 Uhr verbieten soll).
Angezweifelt werden darf das ganze insofern, dass hier immer noch morgens zunächst diese Stierhatz gibt. Auch dieses Jahr es wieder Schwerverletzte (Menschen), Mitleid null, eher für die armen Stiere.

Hier in Pamplona vereinigen sich angeblich alle Jakobswege (was sich später als Lüge herausstellt) und so starten wir kurz dahinter mit unserer Pilgerung in "die Brücke des Königs" (die Stadt heißt tatsächlich so - auf Spanisch versteht sich). Nach ca. 1 km entscheiden wir uns, moderne Pilgerer sein zu wollen und kehren zum Wagen zurück. Auch das neuzeitliche Pilgertum will schließlich mit der Zeit gehen!

Asturien

Am nächsten Tag verlassen wir die Region Richtung Asturien. Santander ist schön, wir offensichtlich seit einigen Jahren aufpoliert. Unser Ziel ist jedoch ein ländliches Anwesen weit außerhalb von Gijon...

Über Santander, das kräftig restauriert wird und mittlerweile sehr schön ist, erreichen wir unsere zweite Bleibe. Das Problem in Asturien (wie zuvor im Baskenland und später in Galizien) ist, dass man eine eigene Sprache hat, sich scheinbar aber nicht entscheiden kann, was man nun als Adresse angibt. Noch mal zur Sicherheit: das sind keine Dialekte, sondern andere Sprachen! Aber wir versuchen es mal mit dem Navi. Etwa gegen 19:00 Uhr sind wir kurz vor unserer nächsten Behausung mitten auf dem Land. Keine 2 km mehr und aus dem Asphalt wird mäßiger Asphalt, dann Schotterpiste. Einige Bauern sehen uns mit dem Blick "was wollen die denn hier" an. Dann steht eine Kuh mitten auf der Straße. Durch hupen lässt sie sich nicht bewegen und meine Frau weigert sich, das Tier wegzuschieben, also wenden. Noch 600 m laut Navi. Jetzt ist es nur noch ein Feldweg. 350 m - das schafft unsere Mühle, denke ich. Pustekuchen! Mitten in der Steigung ist Ende im Gelände (im wahrsten Sinne des Wortes). Drehen geht nicht, also den ganzen Weg rückwärts zurück. Rechts und links Büsche usw. Armes Auto! Wir sind verzweifelt und wollen fragen. Zunächst Einheimische. Keine Ahnung. Dann in der Geriatrie (die kreuzt auch später öfter unseren Weg - naja, schon mal drauf einstellen ist in unserem Alter nicht verkehrt; zudem trinken wir hier Wasser, das den netten Namen „muy“ (zu Deutsch: sehr) „debil“ hat). Da hat aber auch keiner Ahnung. Bei einer beginnenden Party frage ich zum dritten Mal. Ich werde an die zweite und an die dritte Person weitergereicht. Zwei weitere interessieren sich für unser Problem. Ok, wir sollen hinterherfahren. Er stürzt noch schnell das Bier runter und los geht's. Zum Glück fährt ein anderer. Im E-Auto. Wir erreichen ein Restaurant. Aber auch dort kennt man die Unterkunft nicht. Ob ich die Telefonnummer hätte? Normalerweise schreib ich die immer auf, nur diesmal nicht. Murphies Law halt. Aber ich kann das WLAN benutzen und nach einem Gespräch, das der "Lotse" von seinem Handy führt, geht's weiter. Ich zerstreue zwischendurch die Sorgen meiner Frau, dass man uns sonst wo hinlotsen würde, um uns auszurauben oder schlimmeres. Ich selber gehe auch fast davon aus, dass er wenigstens irgendetwas verlangen würde. Etwa 5 km (vielleicht auch nur 3) entfernt vom Beginn der Katastrophe sowie 100 Minuten später sind wir da. Das Anwesen war's wert. Trotzdem sind wir erledigt.

Wir besuchen noch die "Picos de Europa", ein wunderbares kleines Gebirge mit Seen und Schluchten und jeder Menge Kühen. Eine wirklich schöne Landschaft. Zurück geht’s vom Gebirge Richtung Küste und dann aufs Zimmer. Von der Küste sehen wir allerdings nichts: Nebel. Am nächsten Morgen frühstücken wir in Oviedo (strahlend blauer Himmel) und fahren weiter Richtung Westen. Wenn du fragst, ob's da schön sei: wir wissen es nicht (Nebel)!

Galizien

Wir kommen durch ein kleines Städtchen, das durch den Nebel auch wunderbar für einen Hitchcock Film in England hergehalten hätte und dann noch an einen Strand, mit faszinierenden Felsformationen, bevor wir am Abend La Coruna erreichen. Zum Glück nur eine Nacht, als Zwischenstopp sozusagen. Für mich mindestens die zweithässlichste spanische Festlandstadt. Auch die Altstadt ist nix besonderes.
Wir verlassen den Ort und geraten in unseren einzigen Stau. Was zum Geier machen all die Leute hier auf der Straße mitten in der Woche um 15:00 Uhr??? Ach ja, die sind ja alle arbeitslos. Obwohl die doch um die Zeit ALLE essen!? Ja, danach kann man hier den Wecker stellen. Um die Zeit bzw. kurz vorher hauen alle vom Strand ab bzw. machen alle Läden zu. Bei den Einzelhandelöffnungszeiten (nicht selten vom 10:00 – 14:00 und von 17:00 – 20:00 Uhr) wundert einen die Wirtschaftskrise nicht.
Wir erreichen nach einem Umweg über das nette Lugo ein Kaff an der galizischen Westküste, wo wir auch endlich mal ein paar Tage an den Strand wollen. Kurz vor der Ankunft ein Déjà-vu: der Asphalt hört auf, wir stehen kurz vor dem Knast. Riesig. Später stellt sich heraus, dass es ein Kloster ist. Naja, in dem einen in man zwar freiwillig, aber dafür kommt man da nicht mehr raus. Lassen wir das.

Ich rufe sofort an und 5 Minuten später sind wir in unserer Bleibe. Das geilste, was wir bisher jemals hatten: eine voll ausgestattete Wohnung mit Außenwhirlpool. Normalerweise sogar mit Fahrrädern, aber deren Reifen haben in der vorangegangenen Hitze von um die 40 Grad das zeitliche gesegnet.
Wir haben aber zunächst mal wieder Nebel. Also fahren wir zum vermeintliche Höhepunkt unserer Reise: Santiago der Compostela. Da ist Bombenwetter und auch der Rest ist richtig schön. Wir fahren auf dem Heimweg zu Küste, aber da ist wieder Nebel. Auch am nächsten Tag. Dann können wir endlich mal an den Strand. Die Gegend liegt an einem riesigen Fjord, aber die andere Seite sehen wir nie, es ist immer (!) diesig und manchmal nebelig.
An einem weiteren Nebel-/Dieseltag machen wir wieder einen Ausflug. Wir besuchen einen Strand mit Burg/Schloss, wo uns eine Art Ranger anquatscht und uns eine interessante Sache empfiehlt: ca. 5 km entfernt gibt es eine alte Bunkeranlage, die Franco zur Sicherheit im letzten Weltkrieg errichten ließ. In keinem Reiseführer findet man etwas darüber und kein Schild weist darauf hin. Ich frage mich, wie bzw. ob die Aufarbeitung dieser dunkeln Zeit in Spanien stattfindet...

Rückweg

Wir verlassen die Küste Richtung Ourense, der anderen Heimat meines gleichnamigen Freundes. Ein nettes Städtchen, dem Touristen fremd sind. Es gibt weder Souvenirläden noch Postkarten. Dahinter verlassen wir die Autobahn und durchqueren die landschaftlich reizvollste Gegend mit vielen Flusstälern, von denen uns eines der Reiseführer ganz besonders ans Herz legt. So machen wir den Umweg zunächst durch eine öde Gegend, als plötzlich hinter mir Blaulicht auftaucht. War ich zu schnell? Mittlerweile war ich doch selbst zum Schleicher geworden (ok, grade mit 100 an den vier Häuschen vorbei, aber man kann doch nicht verlangen, dass man für die paar Meter auf 60 bremst!). Mein Adrenalin steigt und als dazu die Sirene eingeschaltet wird, gehe ich im Kopf die möglichen Strafen durch und fahre rechts ran. Die Beamten rasen jedoch an uns vorbei. 10 Minuten später wissen wir auch warum: grade als die Landschaft andeutet, was uns Tolles erwartet, hat sich ein Kleinlaster auf der Straße quergestellt. Keine Ahnung, wie es das geschafft hat. Grade Strecke, links geht's hoch, rechts runter. Was hatte der vor? Und vor allem: Wie kommt der da wieder raus?
Wir zögern nicht, wollen wir doch bei gleißender Hitze (an diesem Tag erreichen wir unseren Temperaturrekord) nicht warten, bis hier irgendwas passiert und kehren unverrichteter Dinge um.

Wir halten noch in Astorga, einem trostlosen Drecksnest, mit einer fetten Kirche und erreichen am Abend Leon, ebenfalls mittelalterlich mit großer Kirche (Kirche steht hier stellvertretend für alles, was irgendeine Art Gotteshaus ist).

Unser letzter Stopp ist Burgos. Die Geburtsstadt des spanischen Nationalhelden El Cid und Ort der bestimmt fantastischsten Kirche, die ich je gesehen habe.
Hier findet grade ein "internationales Folklorefestival" statt. Wir holen uns (bestellen is hier nich) zwei Pils in einer einheimischen Schangelkneipe mit wunderbarem Blick auf eine Mauer. Wir haben den richtigen Riecher bewiesen, denn kurz danach kommt der kleine Zug der unterschiedlichen Länder an uns vorbei. Jedes Land macht unterschiedliche Musik inkl. Tänze. Die Zusammenstellung der acht "Gastnationen" ist mir unklar. Aufsehen erregt bei mir jedoch der Trupp aus Kalmukia, der stolz sein Banner vorweg trägt. Selbst als Sammler von Atlanten frage ich mich: Wo zu Geier soll das sein?!

Fazit:

Es gibt wahrscheinlich kaum ein Land, das so schnell entschleunigt wie Spanien. Darum machen wir da auch so gern Urlaub. Daraus ergibt sich allerdings Folgendes: Die Leute hier an sich sind Schleicher. Mit 130 überholt man hier locker 95 % der Autos auf der Bahn. Es gibt allerdings auch deutlich mehr Blitzen als bei uns. Drängler gibt es so gut wie gar nicht. Und so manch eine deutsche Heißdüse muss sich erst mal umstellen. Bei Rot läuft kaum einer über die Fußgängerampel. Und man kann getrost gefahrlos über jeden Zebrastreifen laufen.

Billig ist es nicht. Der Urlaub kostete ca. 15 % mehr als andere Urlaube.

Egal wie oft du in Spanien warst, wenn du nie die Costa Verde besucht hast, fehlt dir was (Ostfriesland und das Allgäu sind ja auch grundverschieden).

Bei Temperaturen von 19 bis 35 Grad war es teilweise zu heiß zum Sightseeing, allerdings wurde es uns mehrfach bestätigt, dass drei Tage am Stück normal sein, mehr jedoch nicht. Also würde ich es wieder so machen. Leider war es an einem Drittel der Zeit diesig bis nebelig. Manchmal sogar so krass, dass ich von der Straße aus nicht bis zum Boden bzw. Meer sehen konnte. Das war schade, weil man bei klarer Sicht sehen könnte, wie schön es hier ist.

Essen gehen ist nicht so einfach. Wir haben oft gar keine Restaurants gefunden (außer Tapasbars und nur „Menu del dia – Fressläden“. Das war natürlich schade, wenn im Reiseführer vorher die ein oder andere Küche so hoch gelobt wird und wenn wir mal was gefunden hatten, war’s auch lecker. Gemüse fehlt hier auf der Speisekarte so fast gänzlich. Am Ende konnten wir nichts Frittiertes und auch keine Pommes mehr sehen. Ich denke, ich habe mein maximales Kampfgewicht erreicht…

Unverständlich sind für uns die Strukturen der Städte: Im Reiseführer beginnt fast jede Beschreibung mit „Wenn man erst mal die Hochhausschluchten hinter sich gelassen hat…“. Und so ist es auch. Anfangs ist fast jedes Stadt potthässlich und du denkst, was will ich hier. Dabei ist unsere Heimat zwei bis vier Mal so groß wie die meisten Städte hier, hat aber nicht annähernd solche Schrottvorstädte. Wie kann das sein?

Was wir in dem Zusammenhang auch nicht kapiert haben: auf den Straßen sind unverhältnismäßig viel Leute. Also verglichen mit hier. Einzige Erklärung könnte sein, dass dort am gesellschaftlichen Leben (was ja nun ausschließlich in den Abendstunden stattfindet) die ganze Familie teilnimmt. Findet man in unseren Gefilden so gut wie nie Leute mit ihren (Klein)kindern, weil die sich ja aus dem „Partyleben“ ja normalerweise immer direkt verabschieden, so steht man dort mit dem Pils und der Fluppe während sich die Rotznasen selber beschäftigen. Auch Alte sieht man hier ja so gut wie gar nicht. Warum eigentlich? Dort beobachten zahnlose Rentner das Treiben und es kriechen auch noch scheintote Pärchen händchenhaltend durch die Massen. Niedlich!

In Galizien gibt es gutes Bier (Estrella Galicia). Wir haben das in handtaschenfreundlichen 10-Dosen-Boxen gekauft. Die Taschen gab’s dazu. Aber Vorsicht: Einmal wollten wir was anderes probieren, was sich Plörre entpuppte: Cruzcampo. Der Grund war offensichtlich: „Seit 1904“.

Nach fast 3.200 km ist ein wunderschöner Urlaub vorbei. Mein Mantaarm deutet darauf hin, dass es etwas weniger hätte sein können, aber bis auf wenige Ausnahmen würden wir es wieder so machen und der ein oder andere km kam natürlich wetterabhängig dazu.

Schon nach zwei Tagen war klar, dass wir nochmal hinkommen!

Euer Bilbo Manolo