wie es kam...

Tja, irgendwie verlaufen meine Reisen immer katastrophal, was mir den Spitznamen "Dr. Katastrophe" einbrachte. Leider sind nicht mehr alle Reiseberichte vorhanden. In manchen Fällen nur noch ein "Beschwerdebrief"...

kreative (!) Anregungen sind willkommen!

Euer
Dr. K.

Samstag, 8. Oktober 2016

Jugoslawien

Eine kleine Zeitreise

Vorgeschichte

Ja, ja, ich weiß. Jugoslawien gibt es gar nicht mehr. Es trifft jedoch unser Ziel am einfachsten mit einem Wort, denn im Herbst zog es uns nach Kroatien, Bosnien und Herzegowina und Montenegro. Also drei Länder, die wir mit dem Mietwagen bereisen wollten, sowie mindestens eine Insel (also eine Fähre benutzen). Und gerade diese Punkte machen eine Mietwagenauswahl auf herkömmliche Art unmöglich.
Ich hatte sämtliche bekannte Anbieter angesehen. Man musste in allen die kleingedruckten AGBs ansehen. Ein Preisvergleich war nicht möglich. Manche hatten eine pauschale Grenzübertrittsgebühr, manche eine abhängig von der Anzahl der Tage und manche nur Kauderwelsch. Wenn man glaubt, man habe etwas gefunden, stellt man fest, dass noch Gebühren für eine Fährbenutzung hinzukommen oder dass Fährnutzung grundsätzlich verboten ist. Irgendwann hatte ich dann unser Standardportal, wo auf meine Fragen in 8 von 10 Fällen stand: „Rufen Sie uns an.“ Das habe ich dann gemacht. Nach dem ich nach dem dritten Anbieter und den Konditionen gefragt hatte, sagte mir die recht unhöfliche Frau, sie könne mir nicht alle Tarife nennen. Ich sagte darauf: „Hier steht aber, ich solle Sie anrufen?!“. Am nächsten Tag habe ich dann wieder bei der Hotline angerufen. Diesmal wusste die Frau nichts. Ich legte wieder auf und drückte Wahlwiederholung. Ein Mann hatte diesmal ein paar Antworten, zur Sicherheit solle ich aber in Kroatien anrufen. Auf der Webseite des lokalen Anbieters fand ich widersprüchliche Angaben. Also rief ich am dritten Tag das vierte Mal an. Endlich jemand kompetenter, der mir die Gebühren auf meinen Voucher auf druckte. Mit leichten Bauchschmerzen ging es los. Ich traute denen nicht. Und immerhin überquerten wir die EU-Außengrenze.
Die Bauschmerzen wurde mehr, als ich mir ein paar Tage vor Urlaubsantritt einen Infekt geholt hatte. Ich wurde in letzter Minute gesund.

Kroatien

Wieder mal flogen wir (leicht verspätet) direkt nach Split, wo wir nur die erste Nacht verbrachten. Der Vermieter war richtig modern und schickte mir per WhatsApp Infos zu. Die Straße sei eine Sackgasse und ich solle nicht reinfahren. Leider verwechselte ich die Straße und fuhr trotzdem rein. Glücklicherweise stellt rückwärtsfahren auch durch mehrere Kurven für mich kein Problem dar und enge Gassen sind ohnehin meine Spezialität. Nach ein paar Lenkradumdrehungen war ich aus der Falle raus.
Die Stadt kam mir schöner vor als bei unserem ersten Besuch vor vier Jahren. Allerdings auch teurer. Vermutlich weil hier ständig Tagestouristen von Kreuzfahrtschiffen ankommen. Daher ist es auch schwer, eine Restaurant zu finden, was normale Preise hat und nicht einer Pommesbude gleichkommt.
Nach zwei leckeren Bierchen machten wir uns auf den Weg zurück zum Apartment. Dort hörte ich aufgeregte spanische Stimmen: Vier Frauen waren ebenfalls in die Sackgasse geraten und vollkommen hilflos. Ich fragte auf Spanisch, ob ich helfen könne. Die Damen schienen sich überhaupt nicht zu wundern, dass hier jemand ihre Sprache sprach. Das Auto war um einiges größer als unseres. Die aufgelöste Fahrerin überlies mir umgehend das Steuer. Ich kannte ja bereits die Gasse und im Handumdrehen waren die Damen gerettet. Schon am ersten Abend hatten wir wieder mehr erlebt (da war doch was), als so manch ein anderer in zwei Wochen.
Unsere Nachbarn sind ein Pärchen, dass offenbar die Arbeitszeit reduziert hat und nun ständig Urlaub machen kann. Eine Begegnung (bzw. Thema), die mir nachhaltig im Kopf bleibt. Am nächsten Tag treffen wir die Chicas doch tatsächlich auf dem Markt wieder.
Wir laufen noch auf eine kleine Anhöhe mit wundervollem Blick auf die Stadt, bevor wir uns mit dem Wagen zur Fähre aufmachen. Ein Penner lässt sich nicht davon abhalten, unsere Scheiben zu wischen. Er möchte dafür auch nur "10 Kuna für ein Bier" - na wenigstens ist er ehrlich.
Wir verbringen die nächsten zwei Tage auf Hvar, einer wirklich schönen Insel mit zwei niedlichen kleinen alten Städtchen. Am dritten Tag fahren wir die lange schmale Insel bis fast zur Festlandküste und müssen nochmals eine Fähre nehmen. Nach der kurzen Überfahrt geht es Richtung Herzegowina.

Bosnien und Herzegowina

An der Grenze ist nix los. Als der Beamte meinen Pass sieht, sagt er "Westfalen". Dass er den Namen meiner Heimat kennt, finde ich genauso schön wie ungewöhnlich. Natürlich kennt er auch "Borussia". Kurz nach der Grenze ist es schon etwas heruntergekommener. Unser erster Stopp ist Pocitelj, ein winziges Dorf mit einer großen Burgruine malerisch an einem Fluss gelegen. Die alten glatten Steinstraßen führen steil nach oben. Autofahren ist nicht möglich. Ich frage mich, wie manch ein Bewohner seine Möbel hier her bekommen hat. Oben treffen wir drei (vermutlich) Türken, die wir mit Händen und Füßen bitten, ein Foto mit dem wunderschönen Hintergrund zu machen. Der eine hat richtig Spaß daran und machte mehrere Bilder von uns aus den verschiedensten Positionen. Wir alle lachen. Auf der anderen Seite der Ruine gilt nicht "savety first" - kein Geländer o.ä. schützt vor dem Absturz. Das Schöne daran ist, dass man auch überall rumkraxeln kann.
Am Nachmittag erreichen wir das berühmte Mostar (mit der noch berühmteren Brücke). Laut Navi sind wir 10 Minuten von der Unterkunft entfernt. Zwei Stunden später haben wir sie gefunden. Die kurze Sackgasse, die keiner, den wir fragen kennt, kann man nur von hinten herum anfahren, ein Namensschild oder ähnliches gibt es auch nicht. Die Wohnung ist riesig: ein 2er und ein 3er Schlafzimmer und im Wohnzimmer könnten auch noch mal vier Leute pennen. Von der Terrasse aus kann man den Sonnenuntergang hinterm Berg genießen. Der Altstadtkern ist wundervoll, alles Drumherum schon eher in üblem Zustand. Am nächsten Morgen bringt uns die Vermieterin ein kostenloses Frühstück. Die Leute sind einfach nett hier!
Da es aus unserer Gegend keinen Direktflug nach Sarajevo gibt, entscheiden wir uns, der Stadt einen Besuch abzustatten. Das Internet sagt zwei Stunden für die 130 km voraus und es hat recht. Auf den Satellitenbildern konnte man jedoch sehen, dass die Hälfte der Strecke an einem Fluss entlangführt, was die Fahrt selbst zu einem Augenschmaus macht. Da ich seit Tagen nichts als kurze Buxe und Sandalen trage, starten wir auch so auf die Reise. Morgens ist es noch nichtig schattig, aber die letzten Tage wurde es ja auch immer schnell heiß. Je näher wir der Hauptstadt kommen, umso größer werden unsere Sorgen, denn das Thermometer schafft es nicht, die 13 zu knacken. Die Leute draußen haben Schals um.
Wir parken am Rand der Altstadt in einer Mall, die toppmodern ist. Ich kaufe mir Socken, eine lange Hose und einen Pulli. Meine Frau handelt entsprechend. Wir essen noch schnell eine Kleinigkeit und verlassen die Mall. Plötzlich ist es heiß. Sarajevo liegt etwas höher und die Temperaturen steigen daher erst recht spät an. Naja, neue Klamotten kann man immer gebrauchen.
Von der Stadt mache ich wenige Fotos. Die Stadt ist nicht schön und nicht hässlich, sie hat etwas, dass man auf einem Bild schwerlich festhalten kann: Atmosphäre. "Bosnien und Herzegowina" als Staatsgebilde zu verstehen, ist wahrlich nicht einfach. Das es dennoch funktioniert ist ein wundervolles Beispiel für ein glückliches Miteinander. Der Schmelztiegel der Kulturen und Sprachen kommt in Sarajevo auf den Höhepunkt. Die Stadt ist eine Mischung aus Moskau, Wien und Istanbul alles in kleiner.
Als wir Mostar Richtung Montenegro verlassen, besuchen wir noch einen Felsenkloster und haben nochmal richtig mieses Essen in einer netten kleinen Stadt kurz vor der Grenze an einem Fluss. Auf dem Weg dorthin wir einem auch klar, warum dieses Land ärmer ist: die Landschaft lässt kaum Landwirtschaft zu und Bodenschätze gibt es auch keine.

Montenegro

Auch der Grenzübergang ins "Land der schwarzen Berge" ist lustig: In einem Häuschen sitzt ein Beamter der uns für den BVB den Daumen hochhält, seine Kollegin ruft den Namen einer Kaufhauskette dazwischen.
Unser erster Besuch in diesem Land lässt einen weiteren weißen Fleck auf der Landkarte verschwinden. Zunächst kommt es uns eher vor wie das "Land der schwarzen Wolken". Im Laufe der Fahrt verschwinden die jedoch.
Viele von euch kennen wahrscheinlich mindestens aus dem Kreuzworträtsel die kroatische Insel mit drei Buchstaben (Krk). Es geht noch besser: Während wir an den Ufern der Bucht von Kotor entlang fahren, kommen wir zu einem Kaff mit dem Namen „Strp“.
Der Balkon unsere Wohnung in Kotor bietet sowohl beim Sonnenauf- als auch beim Sonnenuntergang ein wundervollen Blick auf die fjordähnliche Bucht. Bei der leichten Hanglange musst du dir aber vorher genau überlegen, was du einkaufen willst, denn nochmal runterzulaufen macht keinen Spaß.
Kotor selbst ist eine mittelalterliche Kleinstadt, die an manchen Tagen von Kreuzfahrttouristen überschwemmt wird. Das Flair geht in diesem Moment verloren. Wir beschließen, dass wir keine Kreuzfahrer werden wollen. Auch fallen wir auf die Nase, als wie einmal im Zentrum schön essen gehen wollen: Zum ersten Mal hatte ich mich vorher im Web über Restaurant informiert und mich später gewundert, dass wir keines der ersten fünf Lokale gefunden hatten. Wie wir später erfuhren, lagen die alle außerhalb des Kerns.
Montenegro ist eine kleine Zeitreise. Der lustigste Teil davon ist der Besuch der alten Hauptstadt Cetinje, dass etwa so viel zu bieten hat, wie Dortmund-Mengede. Irgendwas stimmt mit dem Wetter nicht: Es hat sich zugezogen und frischt auf. Plötzlich fängt es sogar an zu regnen. Ein Platzregen vom feinsten. Am nächsten Morgen ist alles vorbei.
Wir verbringen auch anderthalb Tage am Strand. Der Ort, den wir uns herausgesucht haben, ist so gut wie ausgestorben. Restaurants sind geschlossen oder verlassen, der Bereich vor dem Stand total heruntergekommen, aber der Strand erinnert uns doch leicht an die Karibik. Das einzige geöffnete Restaurant bietet gutes Essen, das sogar an die kostenlose Liege gebracht wird.
Wir verlassen Kotor bei strahlend blauem Himmel. Unser letzter Stopp in Montenegro ist Herceg Novi, eine kleine Stadt mit mittelalterlicher Burg kurz vor dem Ende der Bucht. Hier kommen wir doch noch tatsächlich mit dem Gesetz in Konflikt: Parkplätze gibt es nicht viele, daher sind wir glücklich, einen gefunden zu haben. Nach dem Bummel durch die Altstadt sehen wir den Anfang des Parkstreifens: Man hätte ein Ticket lösen müssen und so kam es, wie es kommen musste: Ein Strafmandat. Es sind weniger die 10 Euro, die uns Sorgen bereiten, sondern mehr die Tatsache, wie wir die bezahlen sollen. Also fahren wir zur Polizei. Dort gibt es natürlich keine Parkplätze. Also warte ich im Wagen, während meine Frau sich durchwurschtelt und mit der Information wiederkommt, dass wir bei einem externen Dienstleister zahlen müssen. Glücklicherweise finden wir den recht gut. Dort gibt es natürlich keine Parkmöglichkeiten. Also fahre ich im Kreis, bis meine Frau die Formalitäten erledigt hat.

Kroatien (schon wieder)

Mittlerweile ist es 26° Grad warm und wir machen uns auf zu unserem letzten Stopp: Makarska in Kroatien, ca. 90 Minuten vom Flughafen entfernt. Hier wollen wir nochmal zwei Tage nichts tun.
Während der ganzen Fahrt ist das Wetter traumhaft, nur etwas stimmt mit der Temperatur nicht: Sie fällt langsam aber stetig. In Makarska sind es nur noch 13° Grad. In der Nacht regnet es heftig und leider hat es am Morgen nicht aufgehört. Das Sattelitenbild zeigt, dass es leider im Umkreis von ca. 150 km in alle Richtungen nicht besser wäre. Unsere zwei mickrigen Strandtage fallen buchstäblich ins Wasser, wobei wir einen nutzen, um in Split in einer großen Mall nochmal zu shoppen.
Am Abreisetag ist wie am Vorabend wieder wundervolles Wetter. Kurz vor dem Flughafen sitzen wir noch ein paar Stündchen am Meer, bevor es (mit leichter Verspätung) heimgeht.

Fazit

Die ganze Gegend ist immer eine Reise wert! Die Leute sind freundlich, das Essen ist gut und etwas günstiger als daheim. Um diese Jahreszeit ist es angenehm leer und das Wetter war bis auf diese 1,8 Tage und einen halben nahezu perfekt. Wir auf alle Fälle wiederkommen und freuen uns jetzt schon drauf.
Euer
Doc.